Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Lockerungen bei Anschlussicherungsverwahrten.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Entscheidung vom 05.12.2013; Aktenzeichen 33i StVK 677/13)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Betroffene befindet sich seit seiner Festnahme am 12. April 2005 in Haft und verbüßt derzeit in der JVA Aachen den Strafrest einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten wegen vorsätzlicher Körperverletzung, schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Menschenhandel und Zuhälterei sowie wegen Vergewaltigung aus einem Urteil des Landgerichts Bonn vom 10. Mai 2006. Zuvor hat er eine weitere mit dem gleichem Urteil erkannte Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verbüßt. Das Strafende ist für den 12. Juli 2014 notiert. Im Anschluss daran ist die die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Der Angeklagte war zuvor in der JVA Rheinbach inhaftiert, Dort war er unter anderem am 18. März 2011 und zuletzt am 8. März 2012 beanstandungsfrei zum Zwecke der Familienzusammenführung ausgeführt worden. Während der Inhaftierung kam es jedoch zu mehreren Körperverletzungsdelikten des Antragstellers zum Nachteil von Vollzugsbediensteten, deretwegen er zu weiteren Freiheitsstrafen verurteilt wurde, zuletzt mit Urteil vom 24. Oktober 2012 zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten. Vor diesem Hintergrund war der Betroffene bereits am 29. März 2012 aus der JVA Rheinbach in JVA Aachen verlegt worden.

Mit Antrag seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 6. Mai 2013 beantragte der Antragsteller eine erneute Ausführung in den Kreis seiner Familie zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit. Er verwies darauf, dass er nunmehr die Sitzungen bei einem externen Psychotherapeuten beendet habe und es notwendig sei, ihm vor dem Hintergrund des anstehenden Endstrafentermins im Juli 2014 und dem Ziel der Verhinderung der Notwendigkeit des Vollzuges der Sicherungsverwahrung entsprechende Angebote zu machen.

Diesen Antrag beschied die Antragsgegnerin nach Erörterung in der Vollzugskonferenz am 04. Juli 2013 mit Bescheid vom gleichen Tag ablehnend und führte zur Begründung aus, der Betroffene befinde sich (erst) zu Beginn des neunten Vollstreckungsjahres, so dass es noch keiner Ausführung zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit bedürfe. Darüber hinaus könne Flucht- und Missbrauchsgefahr nicht ausgeschlossen werden, da das vollzugliche Verhalten des Betroffenen von Gewaltanwendung zum Nachteil von Gefangenen und Bediensteten geprägt sei. Er sei disziplinarisch schon mehrfach in Erscheinung getreten und befolge Anweisungen nur schwer. Insgesamt besteht die konkrete Gefahr, dass der Betroffene eine Ausführung zur Flucht oder zur Ermöglichung von weiteren Straftaten missbrauchen könnte.

Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, die Gewährung der begehrten Lockerungen stünde gemäß § 11 Abs. 1 StVollzG im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin, soweit nicht bereits einer der Ausschlussgründe des § 11 Abs. 2 StVollzG greife. Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes sei die Entscheidung der Antragsgegnerin frei von Ermessensfehlern. Die Antragsgegnerin habe den zu Grunde liegenden Sachverhalt, namentlich dem bisherigen - durch zahlreiche Gewalttätigkeiten und disziplinarische Auffälligkeiten gekennzeichneten - Vollzugsverlauf sowie die kriminelle Entwicklung des Betroffenen vollständig gewürdigt und sei vertretbar zu der Auffassung gelangt, dass einer Ausführung eine Missbrauchsgefahr im Sinne des § 11 Abs. 2 StVolizG entgegenstehe. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt eines Erhalts der Lebenstüchtigkeit sei die Erwägung der Justizvollzugsanstalt, dass dort vor dem zehnten Vollstreckungsjahr nur in begründeten Ausnahmefällen Ausführungen zu diesem Zweck stattfinden würden und zudem der Betroffene regelmäßig Besuch von seiner Familie erhalte, nicht zu beanstanden.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit welcher er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Aachen sowie des Bescheides der Leiterin der JVA Aachen vom 04. Juli 2013 sowie eine Verpflichtung der Leiterin der JVA Aachen begehrt, den Betroffenen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat unter dem 03.02.2014 ausgeführt, die Rechtsbeschwerde werde für unzulässig gehalten, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat - zumindest vorläufig - Erfolg,

Die form- und frist...

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