Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung. Fristversäumnis. Verschulden. Rechtsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Die Monatsfrist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde versäumt der Betroffene dann nicht unverschuldet, wenn er den Antrag an das zuständige Gericht auf Protokollierung des Rechtsmittels erst drei Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Post gibt. Es trifft ihn dann ein Verschulden, dass er sich nicht entsprechend rechtzeitig und mithin um die Vorführung zum Rechtspfleger bemüht hat. Rechtzeitigkeit in diesem Sinne setzt voraus, dass dem Protokollierungsersuchen des Gefangenen im Zuge eines ordentlichen Geschäftsgangs entsprochen werden kann.
2. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass ein Protokollierungsersuchen um Regelfall dann als rechtzeitig anzusehen sein wird, wenn es zumindest fünf Werktage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist abgesendet worden ist.
Normenkette
StVollzG § 118; StPO § 44
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 StVK 257/14) |
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unbegründet verworfen.
Die Rechtsbeschwerde sowie der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG, § 473 Abs. 1 StPO).
Gründe
I.
Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 26. März 2015 einen Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung betreffend eine gegen ihn gerichtete Disziplinarmaßnahme als unbegründet verworfen. Die Entscheidung wurde dem Betroffenen mit Rechtsmittelbelehrung am 08. April 2015 in der Justizvollzugsanstalt X zugestellt.
Mit einem von ihm selbst unter dem 16. April 2015 verfassten Schreiben wandte sich der Betroffene an das Oberlandesgericht und beantragte, gemäß § 116 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 StVollzG die angeordnete Disziplinarmaßnahme bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen; "desweiteren, wird die Begründung, der Rechtsbeschwerde, Frist und formgerecht, eingereicht,....". Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. April 2015 wurde der Betroffene darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über eine Aussetzung der Vollziehung eines Beschlusses der Strafvollstreckungskammer nur in Betracht komme, wenn bereits -formwirksam - eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss eingelegt worden sei, was derzeit nicht beurteilt werden könne, da die Akten dem Senat (noch) nicht vorgelegt worden seien.
Zu Protokoll des Rechtspflegers beim Amtsgericht Werl hat der Betroffene am 13. Mai 2015 unter Erhebung der Sachrüge Rechtsbeschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu vorgebracht, er habe sich mit Schreiben vom 05. Mai 2015 an das Amtsgericht Werl gewandt und zum Zweck der Protokollierung seiner Rechtsbeschwerde eine Vorführung zum Rechtspfleger beantragt. Der Antrag sei am 07. Mai 2015 beim Amtsgericht Werl eingegangen, woraufhin der Rechtspfleger die JVA Werl am 12. Mai 2015 um Vorführung am 13. Mai 2015 gebeten habe.
II.
1.
Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde war als unbegründet zu verwerfen, weil den Betroffenen ein eigenes Verschulden an der Versäumung dieser Frist trifft und in diesem Fall eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen ist. Maßgebend ist dabei die dem Betroffenen mögliche und zumutbare Sorgfalt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 44 Rdnr. 11 f).
Der Betroffene hat den Antrag auf Protokollierung der Rechtsbeschwerde erst am 05. Mai 2015, also 3 Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist des § 118 Abs. 1 StVollzG abgefasst. Er hat nicht vorgetragen, wann er dieses Schreiben zur Post gegeben hat. Selbst bei Aufgabe zur Post am gleichen Tag konnte der Betroffene jedenfalls nicht damit rechnen, dass das Schreiben früher als tatsächlich erfolgt (nämlich am 07. Mai 2015) beim Amtsgericht Werl eingehen würde.
Nach der gegebenen Sachlage musste der Betroffene davon ausgehen, dass die Rechtsbeschwerde nicht mehr fristgerecht protokolliert werden konnte. Es trifft ihn ein Verschulden, dass er sich nicht entsprechend rechtzeitig und mithin früher um die Vorführung zum Rechtspfleger bemüht hat. Rechtzeitigkeit in diesem Sinne setzt voraus, dass dem Protokollierungsersuchen des Gefangenen im Zuge eines ordentlichen Geschäftsgangs entsprochen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 03. August 2010 - III-1 Vollz (Ws) 324/10 -, [...]). Der mit der Anhörung eines Gefangenen notwendig verbundene organisatorische Aufwand stand der fristgerechten Aufnahme des Protokolls in diesem Fall jedoch entgegen. Zwar ist ein Betroffener nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berechtigt, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze auszunutzen. Dies bedeutet auch, dass ein Gefangener grundsätzlich das Recht hat, eine Rechtsb...