Leitsatz (amtlich)

1. Für den Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, ist maßgeblich, inwieweit sich die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung durch die begehrte Feststellung verbessern (Anschluss an BGH, Beschluss vom 22.01.2009 - IX ZR 235/08).

2. Wenn der 30-jährige Schuldner in einem festen Arbeitsverhältnis ist, aufgrund dessen er monatliche Ratenzahlungen von 300 EUR erbringen kann, ist bei einer Insolvenzforderung von rund 61.000 EUR bei der Festsetzung des Streitwerts nur ein Abschlag von 50 % des Nennwerts der Forderung angemessen, wenn weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist, dass weitere Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle festgestellt sind.

 

Normenkette

ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 161/18)

 

Tenor

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.759,11 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Höhe des Streitwertes bemisst sich gemäß § 3 ZPO nach dem Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung. Der Streitwert der Berufung war auf 50 % des Nennwertes der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung, mithin auf 30.759,11 EUR, festzusetzen.

Der Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass die zu der Insolvenztabelle angemeldete Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, bemisst sich nicht nach dem Nennwert der Forderung; maßgebend ist vielmehr, inwieweit sich die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung durch die begehrte Feststellung verbessern (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - IX ZR 235/08 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 10. Juni 2014 - 3 U 150/14 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 12. Juli 2016 - 7 U 35/13, juris).

Für die Festsetzung des Streitwerts ist demnach die Prognose der wirtschaftlichen Realisierbarkeit des festzustellenden Anspruchs nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung erforderlich. Der entsprechende Bruchteil der Forderung bemisst sich nach der Wahrscheinlichkeit einer Vollstreckung und den Vollstreckungsmöglichkeiten. Während bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher, wenn ein Vollstreckungstitel von der Restschuldbefreiung ausgenommen wird, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner dennoch nicht möglich, das wirtschaftliche Interesse an der titelergänzenden Feststellung somit nicht allzu hoch sein wird und daher ein Abschlag von sogar 75 % angemessen sein kann (so: BGH Beschl. v. 22.01.2009 - IX ZR 235/08 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 12. Juli 2016 - 7 U 35/13, juris), hätte die begehrte Feststellung im vorliegenden Fall durchaus zu einer gewissen Verbesserung der Vollstreckungsmöglichkeiten der Klägerin geführt. Denn unstreitig befindet sich der Beklagte in einem festen Arbeitsverhältnis, im Rahmen dessen er ein regelmäßiges Einkommen bezieht. Aus den überreichten PKH-Unterlagen ergibt sich, dass er zu monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von ca. 300,00 EUR wirtschaftlich in der Lage ist. Wenn die begehrte Feststellung so letztlich auch nur zu einer Vollstreckung der gesamten offenstehenden Forderung von 61.518,21 EUR über einen mehrjährigen Zeitraum hätte führen können, so stellt dies für die beabsichtigte Vollstreckung dennoch eine bessere Ausgangssituation als bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher dar (vgl. auch OLG Rostock, Urteil vom 19. Februar.2007 - 3 U 65/06, Rn. 29, - juris; LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 16. Oktober 2017 - 3 S 179/17 -, juris). Dabei spielt auch das Alter des Beklagten eine Rolle, weil dieses für eine über diesen mehrjährigen Zeitraum mögliche Berufstätigkeit und Erwerbsmöglichkeit spricht. Die Höhe der insgesamt zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen ist zur Beurteilung der Vollstreckungsaussichten einer aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultierenden Forderung dagegen nicht geeignet, da der Schuldner nach Abschluss des Insolvenzverfahrens bei Erteilung der Restschuldbefreiung von diesen Forderungen befreit würde. In der Folge käme nur die Vollstreckung der von der Restschuldbefreiung nach § 302 InsO ausgenommenen Forderungen in Betracht. Dass vorliegend weitere Forderungen als aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultierend zur Insolvenztabelle festgestellt worden sind, ist jedoch nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich.

Daher hält der Senat einen Abschlag von nur 50 % gerechtfertigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13285003

NZI 2019, 7

NZI 2019, 763

NZI 2020, 34

ZInsO 2019, 1863

InsbürO 2019, 426

NJW-Spezial 2019, 630

ZVI 2019, 439

VIA 2019, 75

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