Entscheidungsstichwort (Thema)
Lückenhafte Antragsunterlagen beim VKH Antrag
Leitsatz (amtlich)
Einzelne Lücken bei der Ausfüllung des VKH Antragsformulars schaden ausnahmsweise dann nicht, wenn sich diese anhand des übrigen Vorbringens ohne Weiteres schließen lassen.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2 i.V.m; ZPO § 117 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Schwerte (Aktenzeichen 3 F 31/23) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwerte vom 07.07.2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über das Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragsgegners an das Amtsgericht zurückverwiesen mit der Maßgabe, dass Verfahrenskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden kann, der Antragsgegner habe den Vordruck zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unvollständig ausgefüllt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
Die gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Die vom Antragsgegner beantragte Verfahrenskostenhilfe konnte entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht mit der Begründung versagt werden, der Antragsgegner habe die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unvollständig ausgefüllt.
Zwar besteht gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 117 Abs. 4 ZPO für den Antragsgegner die Verpflichtung, sich des entsprechenden Formulars zu bedienen. Der Umstand, dass der Antragsgegner nach seiner Erklärung Arbeitslosengeld II bezieht, ändert an dieser Verpflichtung nichts (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.09.2009 - 9 WF 257/09, FamRZ 2010, 1266).
Das bedeutet aber nicht, dass jegliche Unvollständigkeiten bei der Ausfüllung dazu führen, dass schon deshalb Verfahrenskostenhilfe zu versagen ist. Vielmehr entspricht es allgemeiner Auffassung, dass ausnahmsweise einzelne Lücken nicht schaden, wenn sich diese anhand des übrigen Vorbringens ohne Weiteres schließen lassen (BGH, Beschluss vom 13.02.2008 - XII ZB 151/07, NJW-RR 2008, 942; OLG Hamm, Beschluss vom 01.03.1994 - 2 WF 54/94, BeckRS 2011, 5870).
Hier wies das vom Antragsgegner ausgefüllte Formular nur einzelne Lücken in diesem Sinne auf. Es fehlten im Abschnitt E die Beantwortung der Frage nach Einnahmen aus Kranken- und Elterngeld sowie im Abschnitt H ein Eintrag dazu, in welcher Höhe die Mieteinnahmen vom Antragsgegner selbst getragen werden.
Zu all dem hat der Antragsgegner aber in dem Schriftsatz vom 21.06.2023 (Bl. 11 des VKH-Heftes) explizit Stellung genommen. Die tatsächlich zunächst vorhandenen Lücken in dem ausgefüllten Formular lassen sich dadurch ohne Weiteres schließen.
Der Umstand, dass das Amtsgericht auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 21.06.2023 sowohl im angefochtenen Beschluss als auch im Nichtabhilfebeschluss mit keinem Wort eingeht, obwohl der Antragsgegner in seiner Beschwerdebegründung vom 04.08.2023 ausdrücklich - zutreffend - auf die Rechtsprechung zum Formularzwang hingewiesen hatte, stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, welche eine Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigt. Das Amtsgericht wird daher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, insbesondere die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung, erneut zu prüfen haben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG).
Fundstellen
Haufe-Index 16020179 |
FuR 2024, 206 |
JurBüro 2024, 45 |