Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Klage gegen im Ausland ansässige Versenderin von Gewinnzusagen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage aus § 661a BGB gegen eine im Ausland ansässige Versenderin von Gewinnzusagen kann nicht mit der Begründung versagt werden, es bestehe ein Erfahrungssatz, wonach die Vollstreckung einer titulierten Forderung in solchen Fällen aussichtslos sei und deshalb die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete oder mutwillig sei (gegen OLG Dresden, NJW-RR 2004, 1078 = JurBüro 2004, 147).
2. Prozesskostenhilfe ist in solchen Fällen auch nicht regelmäßig auf Teilklagen zu beschränken, um das Kostenrisiko zu reduzieren.
Normenkette
BGB § 661a; ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 24.09.2004; Aktenzeichen 3 O 268/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin T. in C. Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bewilligt. Ratenzahlungen sind nicht zu leisten.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. In Abänderung des angefochtenen Beschlusses ist der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage zu bewilligen.
1. Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet hinreichende Erfolgsaussichten, wovon auch das LG ausgeht. Die Antragstellerin hat in beiden Fällen die Voraussetzungen eines Anspruchs aus einer Gewinnzusage der Antragsgegnerin gem. § 661a BGB dargelegt.
2. Der Senat hält die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nicht wegen zweifelhafter Vollstreckungsaussichten für mutwillig.
a) Zwar ist allgemein anerkannt, dass Prozesskostenhilfe zu versagen ist, wenn feststeht, dass die Vollstreckung aus dem angestrebten Titel endgültig oder jedenfalls auf absehbare Zeit aussichtslos ist (OLG Hamm NJW-RR 1991, 1737; OLG Düsseldorf v. 21.11.1997 - 22 W 61/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 178 = NJW-RR 1998, 503 [504]; OLG Dresden NJW-RR 2004, 1078; Zöller/Philippi, 24. Aufl., § 114 Rz. 29; Musielak/Fischer, 4. Aufl., § 114 Rz. 41). An die insoweit zu treffende Prognose sind strenge Anforderungen zu stellen, so dass die Verweigerung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Vollstreckungsaussichten nur auf seltene Ausnahmefälle beschränkt bleibt (OLG Hamm NJW-RR 1999, 1737; OLG Düsseldorf v. 21.11.1997 - 22 W 61/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 178 = NJW-RR 1998, 503 [504]).
b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Entgegen der in der Rechtsprechung z.T. vertretenen Auffassung (OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2003, NJW-RR 2004, 1078; mit zustimmender Anm. Mankowski, VuR 2004, 250 [252] "notorische Unseriosität der Branche"; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.8.2004 - 19 W 37/03; ähnlich OLG Hamm, Beschl. v. 14.7. 2003 - 22 W 34/03) hat der Senat Zweifel, dass in Fällen der Versendung von Gewinnzusagen durch eine im Ausland ansässige Gesellschaft ein Erfahrungssatz besteht, wonach die Vollstreckung einer titulierten Forderung aus der Gewinnzusage aussichtslos ist. Allein der Umstand, dass in vielen Fällen Vollstreckungsbemühungen erfolglos gewesen sein mögen, rechtfertigt diese Verallgemeinerung nicht.
Der Senat verkennt nicht, dass die Versender von Gewinnzusagen regelmäßig nicht nur berechtigte Ansprüche von Verbrauchern in Abrede stellen, sondern auch durch die rechtliche Gestaltung ihres Geschäftsbetriebes Vollstreckungsmaßnahmen erschweren. Andererseits ist dem Senat, der mit einer Vielzahl ähnlicher Verfahren befasst war, durch Presseveröffentlichungen bekannt geworden, dass zumindest in einem dieser Fälle die Zahlung des titulierten Gewinnbetrages erreicht werden konnte. Soweit etwa das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 23.12.2003 derartige Berichte als vereinzelt und angesichts anderer dem Gericht vorliegender Informationen unerheblich bezeichnet, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Verifizierbare Zahlen über Erfolgsquoten bei der Vollstreckung gegen Versender von Gewinnzusagen liegen, soweit ersichtlich, nicht vor; auf Gerüchte und Berichte in Internetforen kann ein tragfähiger Erfahrungssatz aber nicht gestützt werden.
Ungeachtet des in der Diskussion immer wieder verwandten Begriffs der "Briefkastenfirmen" erscheinen erfolgversprechende Vollstreckungsmaßnahmen auch nicht gänzlich ausgeschlossen zu sein. Immerhin handelt es sich im vorliegenden Fall wie auch bei vielen anderen Versendern von Gewinnzusagen um Unternehmen, die als Versandhandelsunternehmen in Deutschland tätig sind. Ziel der Gewinnzusagen ist es gerade, Interesse für die im Versandhandel vertriebenen Produkte zu wecken. Bei dieser Geschäftstätigkeit entstehen z.B. Zahlungsansprüche oder Kontoguthaben, die als Vollstreckungsobjekte denkbar sind. Dem Senat ist darüber hinaus bekannt, dass etwa über Internet-Tauschbörsen titulierte Forderungen gegen Versender von Gewinnzusagen angekauft werden, z.B. mit dem Ziel, gegen Kaufpreisforderungen aufrechnen zu können.
Selbst wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass d...