Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung einer im Grundbuch eingetragenen Vereinbarung gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger; gutgläubiger Erwerb. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungs- und Teileigentumsanlage
Leitsatz (amtlich)
1)
Ist eine Vereinbarung der Wohnungs- bzw. Teileigentümer als Inhalt des Sondereigentums in die Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbücher eingetragen worden, so entfällt die Bindungswirkung gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger gem. § 10 Abs. 2 WEG nicht allein deshalb, weil im Zuge einer Bestandsabschreibung die Vereinbarung versehentlich nicht in das Bestandsverzeichnis eines neu angelegten Grundbuches übernommen worden ist; das Grundbuch wird lediglich unrichtig.
2)
Der Schutz des guten Glaubens eines Sonderrechtsnachfolgers erstreckt sich nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB auch darauf, daß bei dem Wohnungs- bzw. Teileigentum Vereinbarungen mit Wirksamkeit gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger über den im Grundbuch ausgewiesenen Bestand hinaus nicht getroffen sind.
3)
Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer positiven Kenntnis des Sonderrechtsnachfolgers von der Unrichtigkeit des Grundbuches im Sinne des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB.
Normenkette
BGB § 892 Abs. 1 S. 1; WEG § 10 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 11 T 209/92) |
AG Essen-Steele (Aktenzeichen 10 II 24/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.
Die sofortige Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) vom 12.03.1992 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Essen-Steele vom 27.02.1992 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen Instanzen nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 65.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Teileigentümer gewerblich genutzter Räume innerhalb der vorbezeichneten, in drei Blöcke gegliederten Wohnungs- und Teileigentumsanlage, in der sich neben einem Einkaufszentrum über 200 Wohnungen befinden. Teilende Eigentümer des Grundstücks waren zu je 1/2 die … Bauträger Gesellschaft mbH … sowie die … … T-GmbH ebenfalls in Essen. Die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher wurden am 22.09.1975 unter Bezug auf, die Teilungserklärung vom 29.07.1975 angelegt.
Am 25.08.1978 trug das Grundbuchamt in sämtliche damaligen Teileigentumsgrundbücher … in der Spalte „Bestand und Zuschreibung” der Bestandsverzeichnisse ein, daß eine Konkurrenzschutzklausel vereinbart sei. Grundlage dieser Eintragungen waren Eintragungsbewilligungen der damaligen Teileigentümer, die in einer Vereinbarung vom 06.07.1978 folgenden Inhalts enthalten sind:
„Die Teileigentümer treffen unter Verzicht auf Fristen und Formen unbeschadet der Miteigentumsordnung folgende Vereinbarung:
Es soll als Inhalt des Sondereigentums eingetragen werden, daß
- den jeweiligen Teileigentümern der Gebrauch und jede Überlassung der Teileigentumsflächen zur Ausübung solcher Gewerbebetriebe gestattet ist, die die jeweils schon vorhandenen Gewerbebetriebe auch aus Konkurrenzgesichtspunkten nicht beeinträchtigen, es sei denn, die betroffenen Teileigentümer geben hierzu ihre schriftliche Zustimmung;
- diese Vereinbarung wiederum nur durch Vereinbarung änderbar ist.
Die Teileigentümer beantragen und bewilligen die Eintragung dieser Vereinbarung gem. § 10 WEG in die oben näher bezeichneten Teileigentumsgrundbücher von Horst des Amtsgerichts Essen-Steele.”
Alle Teileigentümer, Vormerkungsberechtigte und dingliche Gläubiger stimmten der Vereinbarung vom 06.07.1978 in beglaubigter Form zu; lediglich die Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 10) war von ihr selbst gesiegelt.
Durch notariell beglaubigte Erklärung vom 06.03.1981 nahmen die teilenden Eigentümer eine Neuaufteilung des Sondereigentums der ihnen verbliebenen Teileigentumsrechte vor, in deren Rahmen einige Einheiten zusammengelegt und geteilt wurden. Bei dem Vollzug dieser Erklärung im Grundbuch am 04.05.1981 wurden durch Abschreibung aus dem Bestand vorhandener Teileigentumsgrundbücher die neuen Teileigentumsgrundbücher von Horst … angelegt. Durch ein Versehen des Grundbuchamtes unterblieb jedoch die Übernahme der Eintragung der Konkurrenzschutzvereinbarung in den Bestandsverzeichnissen der neu angelegten Teileigentumsgrundbücher.
Mit notariellem Vertrag vom 30.03.1984 veräußerten die teilenden Eigentümer die in den Grundbüchern von Horst Bl. … … verzeichneten Teileigentumsrechte an die Fa. P… … (im folgenden: Fa. P… GmbH), die bei dem Vertragsschluß durch ihren Geschäftsführer, den Zeugen B…, vertreten wurde, zu einem Kaufpreis von 2.040.000,00 DM (UR-Nr. 1145/1981 Notar … . Durch einen am selben Tage anschließend beurkundeten Vertrag veräußerte die Fa. P… GmbH dieselben Teileigentumsrechte an die Beteiligte zu 1) zu einem Kaufpreis von 3.290.000,00 DM (UR-Nr. 1146/1991 Notar … …. Beide der Verträge enthalten in § 2 die folgende Regelung:
„Käufer hat die Teilungserklärung, die Miteigentums- und die Hausordnung, den Verwaltungsvertrag u...