Leitsatz (amtlich)
Handelt es sich bei dem die Geschwindigkeit regelnden Verkehrszeichen um eine dynamische elektronische Verkehrsregelungsanlage, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit abhängig vom Verkehrsaufkommen regelt, bedarf es näherer Feststellungen wie das Zeichen 274 konkret angebracht und für den Betroffenen wahrnehmbar war, da in diesem Fall allein aus dem Vorhandensein einer die Höchstgeschwindigkeit begrenzenden Einrichtung nicht auf die konkrete Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung geschlossen werden kann.
Verfahrensgang
AG Essen (Entscheidung vom 13.02.2008) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil wegen Überschreitens der nach Zeichen 274 zulässigen Höchstgeschwindigkeit (fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG i.V.m. §§ 41, 49 Abs. 3 Ziff. 4 StVO) zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt und - unter Anwendung des § 25 Abs. 2 a StVG - ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats gegen ihn verhängt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er mit der Verletzung materiellen Rechts unter näheren Ausführungen begründet hat.
II.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 21. Mai 2008 zu der Rechtsbeschwerde des Betroffenen u.a. folgendes ausgeführt:
"Der gem. § 79 Abs. 1 Nr. OWiG statthaften, rechtzeitig eingelegten und mit der allgemeinen Sachrüge auch form- und fristgerecht begründeten Rechtsbeschwerde dürfte auch in der Sache ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen sein.
Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen eines fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsverstoßes nicht.
Zwar kann den Feststellungen unter Berücksichtigung des Urteilstenors noch entnommen werden, dass der Betroffene die durch Zeichen 274 zu § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 45 km/h überschritten haben soll, wobei - wie sich aus den Ausführungen zur verhängten Rechtsfolge ergibt - die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf 80 km/h 45 m vor der Messstelle erfolgt war; auch wenn das Amtsgericht in den Entscheidungsgründungen weiter ausführt, dass das Verkehrszeichen gerichtsbekannter Weise schon aus weiter Entfernung erkennbar sein soll, enthält das angefochtene Urteil darüber hinaus keine weiteren Feststellungen dazu, wie das Zeichen 274 konkret angebracht und für den Betroffenen wahrnehmbar war. Hierzu hätte es indes - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - in Anbetracht des Umstandes, dass es sich bei dem Verkehrszeichen um eine dynamische elektronische Verkehrsregelungsanlage, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit abhängig vom Verkehrsaufkommen regle, handeln soll, bedurft, da in diesem Fall allein aus dem Vorhandensein einer die Höchstgeschwindigkeit begrenzenden Einrichtung nicht auf die konkrete Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung geschlossen werden kann.
Auch in Anbetracht des lediglich 45 m betragenden Abstandes zwischen dem die Geschwindigkeit begrenzenden Verkehrszeichen und der Messstelle hätte es eingehender Feststellungen zu der geschwindigkeitsbegrenzenden Einrichtung bedurft. Auch wenn ein Kraftfahrer seine Geschwindigkeit immer so einzurichten hat, dass er bereits beim Passieren eines die Geschwindigkeit begrenzenden Schildes die von diesem vorgeschriebene Geschwindigkeit einhalten kann (BayObLG DAR 1995, 495; OLG Oldenburg, NV 1994, 286; OL Saarbrücken zfs 1987, 30; OLG Stuttgart, VRS 59, 251), kann ein relativ kurzer Abstand zwischen Geschwindigkeitsbegrenzung und Messstelle Auswirkungen auf die gegen den Betroffenen zu verhängenden Rechtsfolgen, insbesondere im Hinblick auf die Anordnung eines Fahrverbotes haben (BayObLG, a.a.O., OLG Oldenburg, NZV 1996, 375; OLG Köln, VRS 1996, 62), so dass die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen auch eine Überprüfung der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge abschließend nicht ermöglichen.
Im Übrigen sind auch die zur Identifizierung des Betroffenen anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder getroffenen Feststellungen nicht frei von Rechtsfehlern.
Sieht der Tatrichter, wie hier, von der die Abfassung der Urteilsgründe wesentlich erleichternden Verweisung auf ein Beweisfoto ab, so muss er dem Rechtsmittelgericht durch eine entsprechende ausführliche Beschreibung die Prüfung ermöglichen, ob das Beweisfoto für eine Identifizierung des Betroffenen geeignet ist. Das Urteil muss mithin Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenarten so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit de...