Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums
Leitsatz (amtlich)
1) Der Beschluß einer Eigentümerversammlung, durch den die Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums versagt wird, ist nichtig, wenn ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung im Sinne des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG nicht vorlag. Dabei ist ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beschlußfassung der Eigentümerversammlung abzustellen.
2) Der von dem veräußernden Wohnungseigentümer geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Zustimmung kann nur Erfolg haben, wenn die Nichtigkeit des die Zustimmung verweigernden Eigentümerbeschlusses festgestellt ist. Für die Beurteilung dieses Anspruches kommt es im übrigen auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen an.
Normenkette
WEG § 12 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Zwischenurteil vom 17.06.1995; Aktenzeichen 2 T 6/92) |
AG Tecklenburg (Zwischenurteil vom 13.02.1992; Aktenzeichen 6 II 123/91 WEG) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die gesamten Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde an das Landgericht zurückverwiesen.
Unter gleichzeitiger Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 09.01.1992 wird der Gegenstandswert für das Verfahren in allen Instanzen auf 20.000,– DM festgesetzt.
Der Beteiligten zu 1.) wird für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt. Ihr wird Rechtsanwalt Dr. … in … beigeordnet. Die Beteiligte zu 1.) hat aus ihrem Einkommen monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 40,– DM zu leisten.
Gründe
Die Beteiligten sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 13.) ist zugleich die Verwalterin. Die Beteiligten zu 2.), 6.), 7.) und 9.) sind während des Erstbeschwerdeverfahrens durch Erwerb des Wohnungseigentums in die Eigentümergemeinschaft eingetreten.
Die Teilungserklärung vom 01.10.1970 regelt in § 9 unter der Überschrift „Veräußerungsbeschränkungen” das folgende:
„(1)
Jeder Wohnungseigentümer bedarf zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der schriftlichen Zustimmung des Verwalters oder, sofern sie dieser versagt, der Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer durch Beschluß nach § 25 WEG. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund versagt werden, insbesondere dann, wenn
- begründete Besorgnis besteht, daß der in Aussicht genommene Erwerber die sich aus dem Wohnungseigentum ergebenden persönlichen und finanziellen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß erfüllt,
- der Erwerber es ablehnt, in die etwaigen Verpflichtungen, die sich aus dem Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern oder aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben, einzutreten,
- in der Person des Erwerbers Voraussetzungen gegeben sind, die zur Entziehung des Wohnungseigentums nach § 13 berechtigten würden.
(2)
Zur Herbeiführung eines Beschlusses nach Abs. 1 hat der Wohnungseigentümer innerhalb zwei Wochen seit Empfang der schriftlichen Ablehnung des Verwalters die Einberufung der Versammlung der Wohnungseigentümer zu beantragen. Bei ablehnendem Beschluß dieser Versammlung kann er nach § 43 ff WEG den Richter anrufen.
(3)
Die Zustimmung ist nicht erforderlich, bei Veräußerung an den Ehegatten oder an Verwandte auf- und absteigender Linie sowie bei Veräußerung durch den Konkursverwalter oder im Wege der Zwangsvollstreckung.”
Die Beteiligte zu 1.) hat durch notariellen Vertrag vom 14.05.1991 … ihr im Wohnungsgrundbuch von … Bl. … eingetragenes Wohnungseigentum an ihren Streithelfer zu einem Kaufpreis von 142.500,– DM verkauft und aufgelassen. Nach dem am 01.06.1991 erfolgten Besitzübergang wird die Wohnung von Familienangehörigen des Streithelfers der Beteiligten zu 1.) bewohnt. Im übrigen ist zwischen den Beteiligten streitig, ob Herr … selbst erst zu einem späteren Zeitpunkt im August 1991 in die Wohnung eingezogen ist.
Der Urkundsnotar hat mit Schreiben vom 16.05.1991 die Beteiligte zu 13.) ersucht, die nach der Teilungserklärung erforderliche Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums zu erteilen. Die Beteiligte zu 13.) hat dies mit Schreiben vom 21.05.1991 abgelehnt. Der Urkundsnotar hat die Beteiligte zu 13.) mit weiterem Schreiben vom 23.05.1991 gebeten, noch einmal mit den Wohnungseigentümern Rücksprache betreffend die Erteilung der Zustimmung zu nehmen. In der Eigentümerversammlung vom 17.07.1991 ist zu Tagesordnungspunkt 3) mehrheitlich beschlossen worden, daß die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums an den Streithelfer der Beteiligten zu 1.) nicht erteilt werde.
Die Beteiligte zu 1.) hat daraufhin mit einem bei dem Amtsgericht am 10.08.1991 eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom Vortage beantragt,
- den vorgenannten Beschluß der Eigentümerversammlung vom 17.07.1991 für ungültig zu erklären,
- die übrigen Wohnungseigentümer (in ihr...