Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 12 WEG, §§ 66ff. ZPO, §§ 265f. ZPO
Kommentar
1. Der Beschluss einer Eigentümerversammlung, durch den die Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums versagt wird, ist nichtig, wenn ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung im Sinne des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG nicht vorlag. Dabei ist ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung abzustellen.
Im vorliegenden Fall war eine Veräußerungsbeschränkung im Sinne des § 12 WEG in der Teilungserklärung vereinbart worden (u. a. schriftliche Verwalterzustimmung bzw. bei Versagung Zustimmung durch Eigentümermehrheitsbeschluss nach § 25 WEG und Berechtigung der Verweigerung nur aus wichtigem Grund). Insoweit knüpfe die Vereinbarung an die Regelung des § 12 WEG an, nach deren Zweck ein Eindringen unzuverlässiger Eigentümer in eine Gemeinschaft verhindert werden solle, wobei allerdings nur Gründe anzuerkennen seien, die in der Person des Erwerbers lägen, d. h. dessen persönliche oder finanzielle Unzuverlässigkeit (h. R. M.). Die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG habe zwingenden Charakter, sodass auch durch Vereinbarung oder Teilungserklärung über den Rahmen der gesetzlichen Vorschrift hinaus keine weiteren Gründe zur Verweigerung der Zustimmung geschaffen werden könnten. Daraus folge auch, dass einem veräußernden Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Zustimmungserteilung zustehe, wenn kein wichtiger Versagungsgrund vorliege.
Ergibt sich die Feststellung, dass hinreichende Gründe zur Verweigerung einer Zustimmung nicht vorlagen, führt dies notwendigerweise zur Rechtsfolge der Nichtigkeit eines zustimmungsversagenden Eigentümerbeschlusses. Erfolgt eine Versagung zu Recht, ist ein hinsichtlich des dinglichen Vollzugs schwebend unwirksamer Veräußerungsvertrag durch Verweigerung der Zustimmung endgültig unwirksam geworden, so dass eine Zustimmung zu diesem Veräußerungsvertrag auch dann nicht nachträglich erteilt werden kann, wenn bezogen auf einen späteren Zeitpunkt wichtige Gründe zur Verweigerung der Zustimmung nicht mehr als gegeben angesehen werden können.
2. Der von einem veräußernden Eigentümer geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Zustimmung (Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung, vgl. §§ 45 Abs. 3 WEG, 894 ZPO) kann nur Erfolg haben, wenn die Nichtigkeit des die Zustimmung verweigernden Eigentümerbeschlusses festgestellt ist. Für die Beurteilung dieses Anspruches kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an.
3. Da es sich in wohnungseigentumsgerichtlichen Streitsachen um sog. echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, können Vorschriften der ZPO entsprechend angewendet werden, soweit das FGG keine eigene Regelung enthält und die Grundsätze des Verfahrensrechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht entgegenstehen. Dies gilt insbesondere auch für die Vorschriften der §§ 66ff. ZPO über Streitverkündung und Nebenintervention. Somit kann auch einem Dritten, der nicht Wohnungseigentümer ist, der Streit verkündet werden (h. R. M.). Auch der Beitritt des Streithelfers ist insoweit im Verfahren zulässig, ebenso bestehen gegen Rechtsmitteleinlegung durch ihn keine durchgreifenden Bedenken.
4. Im Verfahren nach WEG gelten auch die Vorschriften der §§ 265 f. ZPOüber die Veräußerung der streitbefangenen Sache entsprechend. Nach § 265 Abs. 2 ZPO hat deshalb die Veräußerung eines Wohnungseigentums auf den Fortgang eines Verfahrens nach dem WEG keinen Einfluss; das Verfahren ist mit dem Rechtsvorgänger fortzusetzen. Ergänzend ist jedoch § 266 Abs. 1 ZPO anzuwenden. Ein Rechtsnachfolger ist danach berechtigt, das Verfahren in der Lage, in der es sich befindet, als Hauptpartei zu übernehmen.
5. Die Sache wurde an das LG zum Zweck erneuter Behandlung und Entscheidung auch über die gesamten Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.
6. Geschäftswert für alle Instanzen: DM 20.000,- (im Sinne obergerichtlicher Rechtsprechung, dass in Verfahren auf Erteilung der Veräußerungszustimmung in der Regel 10 bis 20 % des vereinbarten Kaufwerts des streitgegenständlichen Objekts anzusetzen sind).
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.1992, 15 W 199/92)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung