Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Bautechnische Mängel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Verhältnis zwischen dem Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Beseitigung ursprünglicher Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) und seinen schuldrechtlichen Gewährleistungsansprüchen aus dem Erwerbsvertrag.

2. Zu den Kriterien der nach § 21 Abs. 4 WEG erforderlichen Abwägung, zu welchem Zeitpunkt eine besonders kostenintensive Mängelbeseitigung durchgeführt werden soll.

3. Es ist rechtlich möglich und kann als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung erforderlich sein, einen Sonderverwalter zu bestellen, wenn der Wohnungseigentumsverwalter für einzelne Angelegenheiten durch eine Interessenkollision an der sachgerechten Wahrnehmung seines Amtes gehindert ist.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 4

 

Beteiligte

Rechtsanwälte E, K. u. N. B

Rechtsanwälte S, M, K und H

Rechtsanwälte M, Dr. Sch und O

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Zwischenurteil vom 29.06.1992; Aktenzeichen 7 T 97/91)

AG Recklinghausen (Zwischenurteil vom 04.03.1991; Aktenzeichen 16 II 66/90)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Auf die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Amtsgerichts vom 04. März 1991 abgeändert.

Die Anträge der Beteiligten zu 1) vom 27. Juni 1990 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Anschlußbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird ebenfalls zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen Instanzen nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde wird auf jeweils 21.000,– DM, für das Verfahren vor dem Amtsgericht auf 24.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten, aus insgesamt acht Einheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage, die die Beteiligten zu 2) in den Jahren 1979/1980 als Bauträger errichtet haben. Drei Wohnungseigentumseinheiten haben die Beteiligten zu 2) veräußert, und zwar eine an die Beteiligte zu 1) und zwei weitere an die Beteiligten zu 3). Über die gesamte Südseite des Gebäudes verläuft vor beiden nebeneinander liegenden Wohnungen der Beteiligten zu 3) im 3. Obergeschoß ein Balkon, der konstruktiv auf einer Betonkragplatte aufgebaut ist. Die beiden Wohnungen öffnen sich zu diesem Balkon durch Tür- und bis zum Boden reichende Fensterelemente. Dieser Balkon ist uneingeschränkt der Witterung ausgesetzt; die Wohnung der Beteiligten zu 1) liegt unter diesem Balkon.

Die Beklagte zu 1) hat in einem Zivilprozeß Gewährleistungsansprüche gegen die Beteiligten zu 2) geltend gemacht. Dieser Zivilprozeß ist durch das am 11.11.1988 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm abgeschlossen worden. Durch dieses Urteil ist der Beteiligten zu 1) u. a. ein Vorschuß auf die Kosten der Beseitigung von Mängeln des genannten Balkons in Höhe von 3.078,– DM einschließlich Mehrwertsteuer zuerkannt worden. Die Beteiligten zu 2) haben diesen Betrag an die Beteiligte zu 1) gezahlt, die einschließlich der darauf zwischenzeitlich angefallenen Zinsen nach wie vor über diesen Betrag verfügt.

Die Beteiligten zu 2) ließen im Jahre 1989 Mängelbeseitigungsarbeiten an dem Balkon durchführen, die jedoch der Sachverständige … in einem Gutachten vom 29.03.1990, das er einem von den Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligte zu 1) vor dem Amtsgericht Recklinghausen geführten Zivilprozeß … erstattete, für unzureichend hielt, und zwar u. a. deshalb, weil die Wandanschlüsse der Abdichtung im Bereich der Tür- und Fensteröffnungen nicht entsprechend der einschlägigen DIN-Vorschrift mindestens 15 cm über den Belag des Balkons hochgeführt worden seien.

In dem vorliegenden Verfahren nach dem WEG hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 27.06.1990 beantragt, durch gerichtliche Entscheidung einen Notverwalter mit dem Wirkungskreis der Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten an dem Balkon nach Maßgabe des Gutachtens des Sachverständigen … vom 29.03.1990 zu bestellen. Zur Begründung hat die Beklagte zu 1) im wesentlichen vorgetragen, die Balkonabdichtung sei nach wie vor mangelhaft, wie sich aus dem bezeichneten Gutachten ergebe. Die erforderlichen Nachbesserungsarbeiten seien nunmehr als Angelegenheit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchzuführen. Der zu 2) beteiligte Herr … S… der unstreitig zum 01.01.1990 als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage bestellt worden ist, sei in dieser Angelegenheit an einer ordnungsgemäßen Verwaltertätigkeit wegen Interessenkollision gehindert, weil die Durchführung der Nachbesserung zugleich den Umfang der ihm obliegenden Gewährleistungspflicht berühre.

Die Beteiligten zu 2) sind dem Antrag entgegengetreten und haben im wesentlichen geltend gemacht: Am 02.07.1990 seien an dem Balkon weitere Nachbesserungsarbeiten durch die Fa. B… durchgeführt worden. Der Balkon sei nunmehr so abgedichtet, daß es nicht...

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