Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 22.05.1984; Aktenzeichen 15 O 148/82)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert:

Die Hauptsache ist erledigt.

Die Kosten des Verfahrens sind von den Erben des Schuldners gesamtschuldnerisch zu tragen.

Der Gegenstandswert beträgt 10.000,– DM.

 

Tatbestand

I.

Der inzwischen verstorbene ursprüngliche Schuldner (Erblasser der jetzigen Schuldner) ist als Inhaber … durch Versäumnisurteil vom 25. Mai 1982, von dem der Gläubigerin eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt und das dem Schuldner am 15. Juni 1982 zugestellt worden ist, unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt worden, im Eigentum der Gläubigerin stehende …-Propangas-Flaschen mit Gas zu befüllen.

Der Schuldner verstieß bereits vor Beginn des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens gegen dieses Gebot, so daß ihm in früheren Verfahren durch landgerichtlichen Beschluß vom 19. Oktober 1982 ein Ordnungsgeld von 1.500,– DM und durch Beschluß vom 24. Mai 1983 ein Ordnungsgeld von 4.000,– DM auferlegt wurde.

Unter dem 13. April 1984 beantragte die Gläubigerin im vorliegenden Verfahren den Erlaß eines weiteren Ordnungsgeldes mit der Behauptung, der Schuldner habe am 30. März 1984 wieder gegen das Gebot verstoßen.

Der Schuldner nahm zu dem Vorwurf innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist keine Stellung. Unter dem 22. Mai 1984 erließ daher das Landgericht Bochum gegen den Schuldner einen Ordnungsgeldbeschluß von 10.000,– DM.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, der den Verstoß bestritten und ferner behauptet hat, der Abfüller in seinem Personal sei ausreichend belehrt und überwacht worden. Schließlich hat sich der Schuldner gegen die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes mit dem Hinweis darauf gewandt, dieser Betrag führe ihn in den Ruin.

Der Senat hat über die Vorgänge vom 30. März 1984 durch den Berichterstatter als beauftragten Richter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, und … Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls vom 12. September 1984 verwiesen.

Am 22. September 1984 verstarb der Schuldner, bevor der Senat im Anschluß an die Beweisaufnahme eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren getroffen hatte.

Die Erbengemeinschaft hat das Verfahren aufgenommen.

Beide Parteien haben das Zwangsvollstreckungsverfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Entsprechend den Anträgen der Parteien ist die Hauptsache als erledigt anzusehen, da der Schuldner zwischenzeitlich verstorben ist.

In entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO ist über die Kosten zu entscheiden.

Da die sofortige Beschwerde ohne dieses Ereignis ohne Erfolg geblieben wäre, verbleibt es hinsichtlich der Kosten bei der Grundregel der §§ 91 und 788 ZPO, also einer Belastung des Schuldners bzw. seiner. Erben.

Dieses Ergebnis beruht auf folgenden Erwägungen:

1.)

Es ist zweifelhaft, welche Folgerungen für ein Zwangsvollstreckungsverfahren gem. § 890 ZPO sich ergeben, wenn der Schuldner im Laufe des Festsetzungsverfahrens, verstirbt.

Im vorliegenden Falle haben die Parteien – anstelle des Schuldners nunmehr seine Erben – jedenfalls den richtigen Weg gewählt, indem sie in entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO die Hauptsache (d.h. das Vollstreckungsverfahren) für erledigt erklärt haben.

a)

Eine Aussetzung des Verfahrens wegen des Todes des Schuldners kommt nach den gesetzlichen Bestimmungen an sich nicht in Betracht.

Die §§ 239 ff ZPO gelten grundsätzlich nämlich nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren. Vielmehr gilt nach Beginn der Zwangsvollstreckung die spezielle Norm des § 779 ZPO. Nach ihr wäre die Zwangsvollstreckung in den Nachlaß des Schuldners fortzusetzen, da sie zur Zeit des Todes des Schuldners bereits begonnen hatte. Es liegt aber auf der Hand, daß diese Norm auf den hier gegebenen Fall der Vollstreckung wegen eines Unterlassungsgebots nicht ohne weiteres paßt.

b)

Entsprechend dem Sinn und der besonderen Natur des Zwangsvollstreckungsverfahrens gemäß § 890 ZPO muß vielmehr bei einer Unterlassungsvollstreckung anders verfahren werden, wenn der Schuldner nach einer Beweisaufnahme im Rahmen des § 890 ZPO vor rechtskräftiger Festsetzung des Ordnungsmittels verstirbt. In Analogie zu strafrechtlichen Grundsätzen ist das Verfahren zu beenden, d.h. hinsichtlich eines noch nicht rechtskräftigen Titels gilt der Tod als persönlicher („Straf”-)Aufhebungsgrund (vgl. Schönke-Schröder, StGB, 21, Aufl., Rz. 133 vor § 32 ff). Der Erbe wird nicht mit dem Ordnungsmittel selbst belastet (Obermaier in DtGerVollzZeitg 73, 145, 148).

aa)

Die entsprechende Anwendung strafrechtlicher Grundsätze rechtfertigt sich aus den Übereinstimmungen zwischenechter Strafe und einem Ordnungsmittel gem. § 890 ZPO bezüglich Natur und Sinn. In beiden Fällen handelt es sich um eine Reaktion des Staates auf einen schuldhaften Verstoß gegen ein staatliches Verbot, auf einen „Ungehorsam” (Baumbach-Hartmann, § 890 ZPO, Anm. 3 F).

Auch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?