Entscheidungsstichwort (Thema)
"Bestrafungsverfahren gegen Rechtsnachfolger": Auswirkungen einer Verschmelzung auf Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
Gegen den durch Verschmelzung entstandenen Rechtsnachfolger können keine Vollstreckungsmaßnahmen i.S.d. § 890 ZPO verhängt werden, wenn (nur) einer seiner Rechtsvorgänger gegen ein ihn betreffendes gerichtliches Verbot zuwidergehandelt hat (Weiterentwicklung von BGH GRUR 2007, 995 = WRP 2007, 1354 - Schuldnachfolge).
Normenkette
ZPO §§ 727, 750, 779, 794-795, 890, 929, 936; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 09.07.2008; Aktenzeichen 33 O 432/06 SH I) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 33. Zivilkammer des LG Köln vom 9.7.2008 - 33 O 432/06 SH I - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der Kammer vom 13.5.2008, durch den der Ordnungsmittelbeschluss vom 8.5.2007 aufgehoben und der auf seinen Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 30.10.2006 hat das LG der früheren H. de AG (im Folgenden: "H.de") im Wege der einstweiligen Verfügung u.a. untersagt, in einer bildlich dargestellten konkreten Verletzungsform für sog. H DSL Speed-Pakete mit dem Angebot "inkl. Telefonflat 6 Monate kostenlos" zu werben. Die H. de verwendete daraufhin die Aussage in abgeänderter Form weiter. Hiergegen richtet sich der Bestrafungsantrag der Gläubigerin vom 29.11.2006.
Die H.de, die zuvor noch eine Abschlusserklärung abgegeben hatte, ist gem. § 20 UmwG mit Wirkung zum 2.3.2007 durch Eintragung in das Handelsregister mit der X. holding AG verschmolzen, die am selben Tage in H AG umfirmiert worden ist.
Durch Beschluss vom 8.5.2007 im Verfahren 33 O 432/06 SH I hat das LG, dem die Verschmelzung nicht mitgeteilt worden war, gegen die H.de wegen mindestens zweier unterschiedlicher Verstöße ein Ordnungsgeld von 30.000 EUR sowie Ersatzordnungshaft festgesetzt. Der gegen diese Entscheidung gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Kammer durch Beschluss vom 13.5.2008 mit der Begründung abgeholfen, die H.de existiere nicht mehr und eine Haftung der Rechtsnachfolgerin komme auf der Grundlage der Entscheidung "Schuldnachfolge" des BGH (GRUR 2007, 995 f.) nicht in Betracht. Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin, der in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren auf ihren Antrag durch den Rechtspfleger gem. § 727 Abs. 1 ZPO noch eine (wenn auch mit dem unzutreffenden Zusatz "SH II" zum Aktenzeichen versehene) vollstreckbare Ausfertigung des Ordnungsmittelbeschlusses vom 8.5.2007 gegen die H AG als Rechtsnachfolgerin erteilt worden war, ihrerseits sofortige Beschwerde, und zwar mit dem Ziel der Festsetzung von Ordnungsmitteln nunmehr gegen die H AG (im Folgenden: "Schuldnerin") eingelegt und darüber hinaus u.a. beantragt, auch den Beschluss vom 30.10.2006, durch den die einstweilige Verfügung erlassen worden ist, gem. § 727 ZPO als jetzt gegen die Schuldnerin gerichtet umzuschreiben. Daraufhin hat das LG u.a. mit der Begründung, die Grundsätze der erwähnten BGH Entscheidung seien im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht anwendbar, seine Entscheidung vom 13.5.2008 aufgehoben und gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 30.000 EUR sowie Ersatzordnungshaft von einem Tag für je 500 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin, der die Kammer nicht abgeholfen hat und die Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist.
II. Die gem. §§ 793, 890, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die angegriffene Entscheidung durfte bereits deshalb nicht ergehen, weil der Titel nicht gegen die Schuldnerin gerichtet ist und eine Umschreibung gem. § 727 ZPO nicht erfolgt war.
Die Festsetzung von Ordnungsmitteln gem. §§ 890 f. ZPO stellt eine - auf die Durchsetzung eines titulierten Unterlassungsanspruches gerichtete - Vollstreckungsmaßnahme dar. Wird - wie im vorliegenden Verfahren - aus einer einstweiligen Verfügung vorgegangen, so darf die Zwangsvollstreckung gem. §§ 750 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 3, 795 ZPO nur beginnen, wenn die Person, gegen die sie stattfinden soll, in der einstweiligen Verfügung, aus der vollstreckt wird, selbst, oder in einer ihr beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet ist. Dabei bedarf es gem. §§ 929 Abs. 1, 936 ZPO einer Vollstreckungsklausel - soweit hier von Bedeutung - allerdings nur dann, wenn die Zwangsvollstreckung gegen einen anderen als den in der Entscheidung bezeichneten Schuldner gerichtet werden soll. Die einstweilige Verfügung ist nicht gegen die Schuldnerin, sondern die H.de ergangen. Es hätte danach der vorherigen, auch im Verfügungsverfahren erforderlichen Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen die Schuldnerin bedurft. An einer solchen fehlt es. Die von dem Rechtspfleger unter dem 26.3.2008 vorgenommene Erteil...