Leitsatz (amtlich)
Auch zusammengenommen begründen eine fehlende (einschlägige) Vorbelastung und die nur geringfügige Überschreitung der nach der BKatV für die Indizierung eines Fahrverbotes maßgeblichen Geschwindigkeitsgrenze keinen Ausnahmefall, der dem Tatrichter die Möglichkeit eröffnen würde, von einem Fahrverbot abzusehen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hattingen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 29. November 2007 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße in Höhe von 200,00 EUR festgesetzt. Von der Verhängung des im zugrundeliegenden Bußgeldbescheid angeordneten Fahrverbotes von 1 Monat hat es abgesehen. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 20. April 2007 mit einem Pkw in Sprockhövel die Schmiedestraße mit einer Geschwindigkeit von 81 km/h (bereits abzüglich der Toleranz), wobei die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h betrug. Zur Beweiswürdigung ist in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dass die Feststellungen auf den aktenkundig gemachten Messergebnissen des ordnungsgemäß geeichten Messgerätes Traffipax-Speedoguard beruhten und das Ergebnis der Messung von dem Betroffenen im Hauptverhandlungstermin auch nicht mehr angezweifelt worden sei.
Zur Begründung der Rechtsfolgenentscheidung heißt es in dem angefochtenen Urteil:
"Aufgrund der Tatsache, dass der Betroffene bislang wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes noch nicht in Erscheinung getreten ist und dass die hier gemessene Überschreitung nur um 1 km/h über der Grenze liegt, ab der ein Fahrverbot verhängt wird, erschien es dem Gericht vorliegend ausnahmsweise vertretbar, im Hinblick auf die Verdoppelung des Bußgeldes von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen."
Das Urteil ist der Staatsanwaltschaft Essen, die nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hatte, am 07. Januar 2008 zugestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Essen hat am 08. Januar 2008 Rechtsbeschwerde eingelegt, die sie am 15. Januar 2008 mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft sich gegen das Absehen von einem Fahrverbot wendet. Das nachträglich - außerhalb der gem. §§ 77 b Abs. 2, 275 Abs. 1 S. 2 StPO zu beachtenden 5-Wochen-Frist - mit Gründen versehene Urteil ist der Staatsanwaltschaft Essen am 21. April 2008 zugestellt worden, ohne dass nachfolgend eine weitere Begründung der Rechtsbeschwerde eingegangen ist. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Essen beigetreten und hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hattingen zurückzuverweisen. Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft rechtfertigen die Erwägungen des Amtsgerichts ein Absehen von der Verhängung des in § 4 Abs. 1 BKatV vorgesehenen Regelfahrverbots nicht.
II.
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat in der Sache zumindest einen vorläufigen Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht.
1.
Aus der Begründung der Rechtsbeschwerde ergibt sich, dass diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist. Mit der erhobenen Sachrüge wenden sich die Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft dagegen, dass das Amtsgericht trotz Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h innerorts von der Verhängung des nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. der lfd. Nr. 11.3.6 der Tabelle 1 c des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV vorgesehenen (Regel-)Fahrverbots von einem Monat unter gleichzeitiger Verdoppelung des Bußgeldes abgesehen hat. Die damit vorgenommene Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam, denn die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften nach § 24 StVG, § 49 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Den nachträglich gem. § 77 b Abs. 2 OWiG zu den Akten gebrachten Urteilsgründen ist noch hinreichend zu entnehmen, dass unter Einsatz des geeichten Messgerätes Traffipax-Speedoguard und somit mit einem anerkannten Gerät im standartisierten Messverfahren nach Abzug der üblichen Messtoleranz eine Überschreitung der innerorts zu beachtenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h festgestellt worden ist, wobei der Betroffene die Richtigk...