Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbringungsbefehl, dieselbe Tat, Begriff; neue Taten; neuer Unterbringungsbefehl
Leitsatz (amtlich)
Ist den Strafverfolgungsbehörden ein Tatvorwurf bereits im Zeitpunkt des Erlasses eines Unterbringungsbefehls bekannt, wird durch den Erlass eines weiteren Unterbringungsbefehls keine neue Frist in Gang gesetzt, wenn bereits dringender Tatverdacht hinsichtlich der weiteren Tatvorwürfe gegen den Beschuldigten bestanden hat.
Normenkette
StPO § 121
Tenor
Die Fortdauer der einstweiligen Unterbringung über sechs Monate hinaus wird angeordnet.
Die Prüfung der einstweiligen Unterbringung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.
Gründe
I.
Der Angeklagte wurde am 09. Dezember 2008 für das Verfahren 100 Js 414/08 - Staatsanwaltschaft Hagen - vorläufig festgenommen und befand sich aufgrund des am selben Tage erlassenen und verkündeten Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Iserlohn (Aktenzeichen: 5 Gs 100 Js 414/08 - 478/08) seither ununterbrochen bis zum 26. Mai 2009 in einstweiliger Unterbringung in der LWL Klinik, Zentrum für forensische Psychiatrie, in Lippstadt. Bereits zuvor war er im Rahmen freiwilliger Aufenthalte und Unterbringungen nach dem PsychKG NW in der Hans-Prinzhorn-Klinik Hemer mehrfach in der allgemeinen geschlossenen psychiatrischen Abteilung behandelt worden, und zwar vom 28. August bis zum 01. September 2008, vom 18. bis zum 19. November 2008 und vom 25. November bis zu seiner vorläufigen Festnahme am 09. Dezember 2008. Vom 21. bis zum 25. November 2008 befand er sich in der Klinik für Psychiatrie des St. Johannes-Hospitals in Hagen. Ausweislich des dortigen Entlassungsberichts lag bei dem Angeklagten eine psychotische Störung, hervorgerufen durch Cannabinoide, vor.
Gegenstand des Verfahrens 100 Js 414/08 - Staatsanwaltschaft Hagen - waren Taten mit sexuellem Hintergrund. In dem Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts Iserlohn vom 09. Dezember 2008 wurde ihm - hinsichtlich sämtlicher Taten in nicht ausschließbarem Zustand der Schuldunfähigkeit - zur Last gelegt, am 16. September 2008, am 30. Oktober 2008 sowie am 13. November 2008 jeweils in Gegenwart verschiedener Zeuginnen onaniert zu haben. Ferner sollte er am 18. November 2008 eine weitere Zeugin von hinten umklammert und sich mit seinem Unterleib an ihrem Gesäß gerieben haben. Darüber hinaus wurde er beschuldigt, am 20. Oktober 2008 eine weitere Zeugin in der Fußgängerzone in Iserlohn von hinten am Arm gepackt und versucht zu haben, sie mit den Worten: "Ich nehme Dich jetzt mit", in eine benachbarte Straße zu ziehen, wobei diese aufgrund des festen Griffes Schmerzen erlitten haben sollte. Als die Zeugin sich losreißen konnte, sollte der Angeklagte ihr zugerufen haben: "Ich will Dich einmal ficken". Ferner wurde ihm vorgeworfen, am 19. November 2008 während seines letzten Aufenthaltes in der Hans-Prinzhorn-Klinik in Hemer eine Mitpatientin fest an beiden Handgelenken ergriffen, sie in eine Ecke gedrängt, ihr Gesicht abgeleckt, sich unter Stöhnen der Worte: "Komm', komm'" an ihr gerieben, ihr über der Bekleidung an die Brust und zwischen die Beine gegriffen und versucht zu haben, ihre Jeans-Hose zu öffnen, bis er von einem Mitpatienten gestört wurde. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Hagen vom 04. Juni 2009 wurde das dortige Verfahren im Hinblick auf das hiesige Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt. Zuvor hatte das Amtgericht Iserlohn durch Beschluss vom 29. Mai 2009 den Unterbringungsbefehl vom 09. Dezember 2008 (56 Gs 100 Js 414/08 - 478/08) aufgehoben.
Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind zwei Vorfälle vom 09. Mai 2008 und vom 19. Juni 2008 in der Asylbewerberunterkunft Bleichstraße 11 in Iserlohn, in der der Angeklagte als geduldeter Asylbewerber ein Zimmer bewohnte. Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hagen vom 26. März 2009 (Aktenzeichen: 400 Js 716/08) und inhaltlich identischem Unterbringungsbefehl der 4. großen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 24. April 2009 (Aktenzeichen: 31 Ks 400 js 716/08 - 4/09 ) wird ihm vorgeworfen, in Iserlohn am 09. Mai 2008 und am 19. Juni 2008 jeweils im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit
1.und 2.
a)
in zwei Fällen versucht zu haben, einen Menschen zu töten, wobei er in einem Fall heimtückisch handelte,
und zugleich in beiden Fällen
b)
fremde Sachen beschädigt zu haben
sowie tateinheitlich zum versuchten Mord
c)
eine andere Person mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs körperlich
misshandelt zu haben.
Dem Angeklagten wird Folgendes zur Last gelegt:
1.
In der Nacht vom 08. auf den 09. Mai 2008 gegen 01.00 Uhr soll er im Zimmer Nr. 18 des Asylbewerberheimes in der Bleichstraße 11 ein Küchenschälmesser in Richtung des Bauches des unmittelbar vor ihm stehenden Zeugen K. gestoßen haben, wobei er den als möglich erkannten Tod des Opfers billigend in Kauf genommen haben soll. Diesem gelang es jedoch im letzten Moment zurückzuspringen und aus dem Zimmer zu flüchten.
Der Angeklagte soll dar...