Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 20.11.1995; Aktenzeichen 11 T 852/95) |
AG Essen (Beschluss vom 04.10.1995; Aktenzeichen 19 C 543/95) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.
Auf den Antrag der Gläubigerinnen vom 13. Oktober 1995 wird gegen den Schuldner zur Erzwingung der in dem Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 4. Oktober 1995 – 19 C 543/95 – (einstweilige Verfügung) bezeichneten Handlung, nämlich dafür Sorge zu tragen, daß die gesamte von den Antragstellerinnen angemietete Wohnung im Hause … in … beheizt wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 600,00 DM, ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 200,00 DM ein Tag Ersatzhaft festgesetzt.
Der Gegenstandswert beträgt 1.500,00 DM.
Tatbestand
I.
Die weitere sofortige Beschwerde ist gem. § 568 Abs. 2 ZPO zulässig, da die angefochtene Entscheidung einen neuen selbständigen Beschwerdegrund enthält. Das Landgericht hat nämlich den Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 8.11.1995 (19 C 543/95) zum Nachteil der Gläubigerinnen abgeändert.
Das Rechtsmittel ist auch begründet, denn die Voraussetzungen für die von den Gläubigerinnen beantragte Vollstreckungsmaßnahme nach § 888 Abs. 1 ZPO liegen vor. Bei der dem Schuldner in dem Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 4. Oktober 1995 – 19 C 543/95 – (einstweilige Verfügung) auferlegten und vor den Gläubigerinnen begehrte Handlung handelt es sich um eine unvertretbare im Sinne der genannten Vorschrift, so daß die Durchsetzung dieser Verpflichtung nach § 888 Abs. 1 ZPO und nicht durch Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO zu erfolgen hat.
Nach der Rechtsprechung liegt eine vertretbare Handlung dann vor, wenn sie irgendein ein anderer als der Schuldner in der weise vornehmen kann, daß rechtlich und wirtschaftlich der gleiche Erfolg erzielt wird, als hätte sie der Schuldner vorgenommen. Andererseits ist eine unvertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO gegeben, wenn sie ein anderer als der Schuldner gar nicht oder nicht mit dem gleichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg wie der Schuldner vornehmen könnte. Bei der Abgrenzung ist in erster Linie auf die Interessen des Gläubigers abzustellen; für eine unvertretbare Handlung spricht es, wenn der Gläubiger darauf Wert legen darf, daß der Schuldner in Person leistet.
Das ist vorliegend der Fall. Der Schuldner schuldet nach dem Wortlaut des Tenors des Titels nicht einfach mechanische Tätigkeiten, die jeder Dritte vornehmen könnte – wenngleich sich möglicherweise seine Bemühungen zuletzt darauf beschränken können –, sondern er ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Wohnung der Gläubigerinnen wieder beheizt wird. Dies bedeutet, daß er prüfen muß, worin die Ursache für die fehlende Beheizung der Wohnung der Gläubigerinnen liegt, erforderliche Maßnahmen für deren Beseitigung einleiten und deren Durchführung koordinieren muß, insgesamt seinen gesamten Einfluß dafür einsetzen soll, damit die Wohnung der Gläubigerinnen wieder beheizt wird. Auf Grund der Stellung des Schuldners als Eigentümer innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft und als Vermieter der Gläubigerinnen hat er die entscheidenden Möglichkeiten und Einflußnahme zur Ursachenbeseitigung, während die Gläubigerinnen als lediglich Mieter im Verhältnis zum Schuldner die geringeren Einflußmöglichkeiten haben (z.B. Eingriff in das Gemeinschaftseigentum der WEG – Eigentümer; Ursachenerforschung in Bereichen WEG – Anlage, die ihnen als Mieter nicht zugänglich sind). Deshalb soll der Schuldner für die Beheizbarkeit der Wohnung Sorge tragen und die Gläubigerinnen dürfen Wert darauf legen, daß der Schuldner in Person leistet.
Die tenorierte Verpflichtung hat der Schuldner – unstreitig – bislang nicht erfüllt. Denn der geschuldete Erfolg – die Beheizbarkeit der Wohnung – ist noch nicht eingetreten.
Die Erbringung der Handlung ist dem Schuldner auch nicht unmöglich. Zwar ist der Gläubiger im Verfahren nach § 888 ZPO verpflichtet zu beweisen, daß dem Schuldner die auferlegte Handlung möglich ist. Denn ein staatlicher Vollstreckungsakt nach § 888 ZPO, durch den der Wille des Schuldners durch Verhängung eines Zwangsgeldes (ersatzweise Zwangshaft) gebeugt werden soll, kann nicht erlassen werden, wenn der Schuldner der ihm auferlegten Verpflichtung nicht nachkommen kann, obgleich er es will. Der Schuldner ist allerdings auf Grund der allgemeinen Prozeßförderungspflicht verpflichtet, die Umstände darzulegen, aus denen sich möglicherweise eine Unmöglichkeit ergibt, während der Gläubiger beweisen muß, daß der behauptete Umstand nicht vorliegt. Der Schuldner hat insofern lediglich eingewandt, er sei nicht in der Lage, die Wohnung der Gläubigerinnen zu beheizen, da die Sondereigentümerin den betreffenden Teil der Heizungsanlage, der im Gemeinschaftseigentum steht, eigenmächtig abgeklemmt habe. Abgesehen davon, daß für den Schuldner grundsätzlich – jedenfalls für die Zeit bis zur Klärung der Streitigkeiten mit der Eigentümerin … – auch Maßnahmen zur Beheizung der Wohnung der Gläubigerinnen möglich sind, bei dene...