Leitsatz (amtlich)
Zur ausreichenden Begründung des Absehens vom Fahrverbot.
Verfahrensgang
AG Minden (Entscheidung vom 03.08.2005) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Minden hat den Betroffenen am 03.08.2005 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaft zu einer Geldbuße in Höhe von 100,- EUR verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer gegen ihn verhängt. Gleichzeitig hat das Amtsgericht im Urteilstenor bestimmt, dass der Führerschein der Klasse C, C1E, CE vom Fahrverbot ausgenommen werde.
Gegen das am 22.08.2005 zugestellte Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld mit am 25.08.2005 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schreiben Rechtsbeschwerde eingelegt und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Mit weiterem Schreiben vom 27.09.2005 hat die Staatsanwaltschaft die Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich dagegen, dass das Amtsgericht bestimmte Fahrerlaubnisklassen von dem verhängten Fahrverbot ausgenommen hat. Das Fahrverbot werde auf diese Weise ausgehöhlt. Vor allem aber beruhten die Feststellungen des Gerichts zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Verhängung eines Fahrverbots allein auf den Angaben des Betroffenen, die das Gericht nicht nachgeprüft habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung, nämlich im Rechtsfolgenausspruch.
Das angefochtene Urteil war bereits deshalb im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, weil seine Begründung nicht den nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung bestehenden Anforderungen an das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes bzw. an die nur eingeschränkte Verhängung eines Fahrverbotes genügt.
Nach § 4 Abs. 4 BKatV kann in Ausnahmefällen unter Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden. Auch besteht für den Fall der Verhängung eines Fahrverbotes gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG die Möglichkeit, das Fahrverbot auf Kraftfahrzeuge einer bestimmten Art zu beschränken. Die Entscheidung, ob trotz der Verwirklichung des Regeltatbestandes der Bußgeldkatalogverordnung - hier des § 4 Abs. 1 Ziffer 1 der Bußgeldkatalogverordnung i.V.m. der lfd. Nr. 11.3.6 Tabelle 1 c des Anhangs zum Bußgeldkatalog - der Einzelfall einen solchen Ausnahmecharakter hat, dass ein gänzliches Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes oder aber eine Beschränkung des Fahrverbotes auf bestimmte Arten von Fahrzeugen gerechtfertigt ist, unterliegt zwar in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung. Dem Tatrichter ist insoweit aber kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, vielmehr ist der ihm verbleibende Entscheidungsspielraum durch gesetzlich niedergelegte und durch von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt. Insoweit unterliegt die verhängte Rechtsfolge hinsichtlich ihrer Angemessenheit in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Annahme der Voraussetzungen eines Durchschnittsfalles oder Regelfalles, zu der auch die Frage der Verhängung des Fahrverbotes oder des Absehens von einem solchen zu zählen ist. Soweit der Tatrichter ein Absehen vom Regelfahrverbot aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen des Betroffenen für angemessen erachtet, reicht hierzu indes nicht jeder berufliche Nachteil aus. Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung rechtfertigt vielmehr nur eine Härte ganz außergewöhnlicher Art, die ggf. im Verlust der wirtschaftlichen Existenz zu sehen ist, den Verzicht auf ein - uneingeschränktes - Fahrverbot (Senat, Beschluss vom 03.05.2004 - 3 Ss OWi 239/04 OLG Hamm -; vgl. auch OLG Hamm, VRS 90, 210, 212; DAR 1996, 325; NZV 1995, 366 f.; OLG Hamm, 4. Senat, Beschlüsse vom 18.02.2003 - 4 Ss OWi 73/03 OLG Hamm - und vom 06.02.2003 - 4 Ss OWi 75/03 OLG Hamm -).
Angaben des Betroffenen zu beruflichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten dürfen dabei vom Tatrichter nicht ungeprüft übernommen werden. Vielmehr muss das Urteil sich mit der Glaubhaftigkeit der Angaben des Betroffenen auseinandersetzen, der sich auf besondere Härten wie etwa drohenden Existenz- oder Arbeitsplatzverlust beruft (Senat, a.a.O.).
Insoweit liegen nur dann hinreichende, das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes oder aber die nur eingeschränkte Verhängung des Fahrverbotes tragende Urteilsgründe vor, wenn im Einzelnen dargelegt wird, dass es dem Betroffenen nicht möglich ist, zumutbare Maßnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Auswirkungen des F...