Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge für nichtehelich geborenes Kind. Endgültige Regelung einer gemeinsamen Sorge gegen den Willen der Mutter
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung über den Antrag eines Kindesvaters, für ein außerhalb einer bestehenden Ehe geborenes Kind die gemeinsame elterliche Sorge einzurichten, stellt keine vorläufige, sondern eine endgültige Sorgerechtsregelung dar.
2. Die Verweigerung der Zustimmung zur Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge aus nicht kindeswohlbezogenen Motiven steht der Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge regelmäßig nicht entgegen; bei im Übrigen günstigen, dem Kindeswohl dienlichen Umständen kann den Kindeseltern eine Konsensbereitschaft im Rahmen der Zumutbarkeit abverlangt werden.
Normenkette
BGB §§ 1626a, 1671-1672, 1696
Verfahrensgang
AG Witten (Beschluss vom 26.05.2011; Aktenzeichen 24 F 175/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Witten vom 26.5.2011 teilweise abgeändert und neu gefasst.
Die elterliche Sorge für den am 16.10.2007 geborenen D T wird den Kindeseltern gemeinsam übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Kindesmutter. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleiben gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 16.10.2007 geborenen Kindes D T. Der Kindesvater hat die Vaterschaft anerkannt. Eine Erklärung zur gemeinsamen Sorge haben die Kindeseltern nicht abgegeben.
Zum Zeitpunkt der Geburt D hatten die Kindeseltern bereits eine rund acht Jahre währende Beziehung geführt, ohne jemals zusammengezogen zu sein. Auch nach der Geburt D zogen die Kindeseltern nicht in eine gemeinsame Wohnung. Die Beziehung endete im Juni 2008, als D etwa acht Monate alt war. D wird seit seiner Geburt durch die Kindesmutter betreut und versorgt. Mit der Trennung nahm der Kindesvater auf Aufforderung der Kindesmutter die Zahlung des geschuldeten Kindesunterhalts auf. Die Besuchskontakte fanden regelmäßig statt. Die Kindeseltern einigten sich außergerichtlich über den Umgang. Dabei bedienten sie sich beiderseits anwaltlichen Beistands.
Im Oktober des Jahres 2008 zog der Antragsteller mit seiner neuen Partnerin zusammen. Ab November 2010 steigerte sich die Umgangsfrequenz auf 8 Stunden an einem Tag eines jeden Wochenendes.
Die Kindeseltern kommunizieren nur schriftlich miteinander. Im Zuge der Beratung durch das Jugendamt bedienten sie sich zur Verbesserung des Informationsaustausches im Rahmen des Umgangs eines Umgangstagebuches, in dem wesentliche Bemerkungen D betreffend aufgeführt werden sollten.
Der Kindesvater möchte nunmehr an der elterlichen Sorge für D teilhaben.
Das Familiengericht hat den Antrag des Kindesvaters mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass dem Kindesvater zwar nach der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG die gemeinsame Sorge einzuräumen sei, wenn dies dem Wohl des Kindes entspreche. Auch entspreche es grundsätzlich dem Kindeswohl, wenn sich die Kindeseltern einvernehmlich die elterliche Verantwortung teilen. Jedoch entspreche die gemeinsame Sorge hier nicht dem Kindeswohl. Zwar bestehe zwischen D und dem Kindesvater eine positive Bindung. Auch der Umgang finde regelmäßig statt. Auch zeige der Kindesvater Interesse an den Belangen des Kindes. Jedoch fehle es an einem Mindestmaß an Kommunikationsfähigkeit der Kindeseltern, weil die Kindeseltern nicht miteinander sprechen, den Umgang über Anwälte regeln mussten und ein Umgangstagebuch führen. Zwar liege die schlechte Kommunikation im Wesentlichen an der ablehnenden, teilweise trotzigen Haltung der Kindesmutter, die gemeinsame Gespräche beim Jugendamt noch in der mündlichen Verhandlung vor dem AG verweigert habe. Indes halte sich der Antragsteller nicht an die Anweisungen der Kindesmutter den Umgang betreffend. Auch seien die Kindeseltern nicht in der Lage, mit dem Verdacht der Erkrankung des Kindes einvernehmlich umzugehen. Deshalb sei abzuwarten, ob sich in Zukunft die Kommunikationsfähigkeit verbessere. Derzeit sei jedenfalls zu erwarten, dass sich die Kindeseltern bei gemeinsamen Entscheidungen nicht sachlich miteinander auseinandersetzen können, sondern vielmehr Streitigkeiten entstünden, in denen die Konflikte auf Paarebene mit den Konflikten auf Elternebene vermischt würden und so dem Kindeswohl geschadet werde.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kindesvater nach wie vor die Herstellung der gemeinsamen Sorge für D.
Er trägt vor, die Schwierigkeiten in der Kommunikation und im Umgang seien ausschließlich auf eine Blockadehaltung der Kindesmutter zurückzuführen. Die Kindesmutter habe ja sogar den Versuch unternommen, ihn dauerhaft vom Umgang auszuschließen.
Die Einschaltung von Anwälten zur Regelung des Umgangs sei aufgrund der Blockadehaltung der Kindesmutter erforderlich geworden. Allein auf eine Blockadehaltung der Kindesmutter ...