Leitsatz (amtlich)
Hat der Betroffene ein die Geschwindigkeit beschränkendes Vorschriftszeichen übersehen, weil er durch ein Telefonat mit seinem Handy abgelenkt war, kann er sich in der Regel nicht auf ein sog. Augenblicksversagen berufen.
Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 03.04.2003) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274), 49 StVO i.V.m. § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 150,00 EUR verurteilt. Ferner hat es ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt und bestimmt, dass dieses erst wirksam wird, wenn der Führerschein des Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens mit Ablauf von vier Monaten nach Rechtskraft des Urteils.
Es hat dazu u.a. folgende Feststellungen getroffen:
"Er befuhr am 15.06.2002 um 10.28 Uhr mit dem Pkw, XXXXXXX die BAB A 42 in Fahrtrichtung Dortmund. Der Betroffene war in Gelsenkirchen-Bismarck auf die Autobahn aufgefahren und in Höhe der Anschlussstelle Bismarck beginnt für diesen Teil der BAB A 42 ein geschwindigkeitsbeschränkter Abschnitt. Durch Zeichen 274 wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt. Dieses beiderseits der Autobahn aufgestellte Verkehrszeichen ist mit einem Zusatzschild gemäß § 39 StVO versehen, wonach die Geschwindigkeitsbeschränkung werktags von 6 bis 19 Uhr gültig ist. Auf seiner Fahrt in Richtung Dortmund passierte der Betroffene eines dieser Verkehrszeichen. 480 Meter weiter in Fahrtrichtung Dortmund führte zu dieser Zeit der POK W. von der Autopolizeiinspektion Münster mit einem Verkehrsradar Multanova 6 F, geeicht bis zum 31.12.2002 eine gezielte Geschwindigkeitsüberwachung durch. Dabei wurde der von dem Betroffenen gesteuerte Pkw mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h gemessen. Abzüglich des vorgeschriebenen Toleranzwertes von 5 km/h ergibt sich daraus eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 52 km/h. "
Der Betroffene hat die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Abrede gestellt, sich jedoch auf ein Augenblicksversagen berufen. Er habe an diesem Tag Geburtstag gehabt und sei in Gedanken bei diesem Ereignis gewesen, sodass er das Verkehrszeichen übersehen haben müsse. Zum Verschulden des Betroffenen hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:
"Der Betroffene kann sich nicht darauf berufen, bei ihm habe ein so genanntes Augenblicksversagen vorgelegen.
Zwar ist es richtig, dass er lediglich ein Zeichen 274 passiert hatte, bevor er von dem Verkehrsradarmessgerät erfasst wurde. Ausweislich des dabei gefertigten Fotos, Blatt 1 der Akte, welches Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen ist und auf welches das Gericht Bezug nimmt, hat der Betroffene zu diesem Zeitpunkt seine Aufmerksamkeit nämlich weniger dem Verkehrsgeschehen und damit auch der Beschilderung der Autobahn gewidmet, sondern mehr dem von ihm gerade geführten Telefongespräch. Er muss sich mithin vorhalten lassen , dass er nicht, wie es seine Verpflichtung als Kraftfahrzeugführer gewesen wäre, seine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Verkehrsgeschehen und damit auch der Beschilderung auf der BAB A 42 gewidmet hat, sondern seine Aufmerksamkeit durchaus geteilt gewesen ist. In einem solchen Fall kann von einem sein Verschulden mindernden Augenblicksversagen aber nicht mehr die Rede sein."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde, auf deren Begründung wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht insbesondere geltend, die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbotes seien nicht gegeben, weil beim Übersehen eines einzigen Schildes keine grobe Pflichtwidrigkeit vorliege.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Insbesondere hat das Amtsgericht Herne-Wanne zu Recht gegen ihn ein Fahrverbot verhängt.
Auch nach dem In-Kraft-Treten der Bußgeldkatalogverordnung vom 4. Juli 1989 ist § 25 StVG die alleinige Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrverbotes wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit (vgl. BGHSt 38, 125, 127). Nach dieser Vorschrift kann ein Fahrverbot u.a. dann erteilt werden, wenn der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat. Die Annahme einer groben Pflichtverletzung setzt zunächst voraus, dass der Zuwiderhandlung in objektiver Hinsicht Gewicht zukommt. Sie ist im Allgemeinen nur bei abstrakt oder konkret gefährlichen Ordnungswidrigkeiten gerechtfertigt, die immer wieder die Ursache schwerer Unfälle bilden. Ein solcher Verkehrsverstoß liegt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 52 km/h vor.
Jedoch vermag das besondere objektive Gewicht einer Ordnungswidrigkeit für sich allein die Annahme einer groben Pflichtverletzung nicht zu begründen (vgl. BGH NJW 1997, 3252, 3253). Hinzukommen muss vielmehr, dass der Täter a...