Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 27.06.2007; Aktenzeichen 2 O 133/07)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das LG hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass es dem Freistaat Bayern zuzumuten ist, die Kosten des Verfahrens vorzuschießen, so dass die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.

Denn der Antragsteller geht laut Angabe in der Klageschrift von einem Grundstückswert von 72.000 EUR aus. Die für die Prozessführung vorzuschießenden Kosten erster Instanz betragen damit 5.561,80 EUR (2,5 RA-Gebühren +20 EUR Auslagenpauschale +MwSt. +3 Gerichtsgebühren). Selbst wenn bei einer Verwertung des Grundstücks nach erfolgreicher Klage lediglich 70 % des Grundstückswertes (Wertgrenze gem. § 74a Abs. 1 ZVG) realisiert werden könnten und hiervon 5.000 EUR pauschal für Zwangsversteigerungskosten in Abzug gebracht werden, bliebe ein Erlös von ca. 45.000 EUR für die Insolvenzmasse, von dem unbestritten ca. ¾ und damit mehr als 33.000 EUR dem Freistaat Bayern zugute kämen. Der im Erfolgsfalle der Klage zu erwartende Mehrerlös liegt damit etwa bei dem 6fachen der vorzuschießenden Kosten. Bereits hieraus folgt die Zumutbarkeit eines Vorschusses.

a) Der Senat hat allerdings in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung, auch in mehreren veröffentlichten Beschlüssen (u.a. Beschl. v. 9.6.2005 - 27 W 44/05 = NZI 2006, 42; Beschl. v. 21.6.2005 - 27 W 17/05 = ZIP 2005, 1711), die Auffassung vertreten, dass es für die Zumutbarkeit der Aufbringung des Vorschusses darauf ankommt, in welcher Höhe der Insolvenzgläubiger Vorschüsse aufzubringen hätte, wenn er den auf ihn voraussichtlich entfallenden Verbesserungsbetrag selbst in einem Rechtsstreit verfolgen würde. Der Senat hält daran trotz der sowohl vom BGH in einem obiter dictum in der Rechtsbeschwerdeentscheidung zur letztgenannten Senatsentscheidung (BGH, Beschl. v. 6.3.2006 - II ZB 11/05, BGHReport 2006, 736 = ZIP 2006, 682) und auch im Schrifttum (vgl. beispielhaft Gelpcke, OLG München v. 11.7.2006 - 31 Wx 41, 66/05, ZIP 2006, 1722) verschiedentlich geäußerten Kritik im Grundsatz fest.

Der Senat hat die von ihm entwickelten Grundsätze auch nach der genannten Rechtsbeschwerdeentscheidung des BGH in zahlreichen weiteren Fällen angewandt, dabei in den Fällen, in denen hiernach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen war, jedoch zusätzlich die Kontrollüberlegung angestellt, ob die vom BGH, a.a.O., geforderte "wertende Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalles" zu einem anderen Ergebnis führen würde. Dies war in keinem einzigen Falle so. Es hat sich im Gegenteil gezeigt, dass in mehreren Fällen, in denen nach der Berechnungsmethode des Senats der notwendige Vorschuss zwei oder drei Hauptgläubigern gemeinsam zuzumuten war, nach der "wertenden", aber quantitativ nicht näher bestimmten Auffassung des BGH, nach der der Vorschuss dann zumutbar ist, wenn der voraussichtliche Verbesserungsbetrag für den Gläubiger lediglich "deutlich" über dem erforderlichen Vorschuss liegt (so z.B. BGH, Beschl. v. 19.6.2006 - II ZR 312/05), der Vorschuss bereits einem einzelnen Gläubiger alleine zumutbar war. Die Rechtsprechung des Senats erleichtert damit dem Insolvenzverwalter den Zugang zur Prozesskostenhilfe, was auch dem Ziel des BGH, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter die Regel und nicht die Ausnahme sein sollte, entspricht.

Der Senat ist auch weiterhin der Auffassung, dass hiermit den Insolvenzverwaltern und auch den in Betracht kommenden wirtschaftlich Beteiligten zusätzliche Rechtssicherheit verschafft werden sollte, in welchen Fällen ein Vorschuss von Insolvenzgläubigern gefordert werden kann bzw. entrichtet werden muss. Zumindest einzelne Elemente der Berechnungsgrundsätze des Senats haben im Schrifttum auch Zustimmung gefunden (vgl. z.B. Küpper/Heinze, ZInsO 2007, 680, die sich der Auffassung anschließen, dass Kleingläubiger mit weniger als 5 % Anteil am Gesamtvolumen der festgestellten Forderungen von vornherein auszunehmen sind). Ferner haben sich die z.T. geäußerten Praktikabilitätsbedenken in der Spruchpraxis des Senats ebenfalls nicht bestätigt. Die Anzahl der für einen Vorschuss in Anspruch zu nehmenden Insolvenzgläubiger, hat sich in den Fällen, in denen Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, nahezu ausnahmslos zwischen zwei und vier bewegt. Im Übrigen haben mehrere der im OLG-Bezirk Hamm tätigen Insolvenzverwalter in ihren Prozesskostenhilfe-Anträgen nach Veröffentlichung der Senatsbeschlüsse bereits von sich aus eine Berechnung nach den Grundsätzen des Senats vorgenommen, um die Bewilligungsvoraussetzungen darzulegen - wie der Senat insb. auch in Beschwerdeverfahren feststellen konnte, in denen es lediglich um die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage ging. Auch das belegt nach Auffassung des Senats die Handhabbarkeit der von ihm entwickelten Grundsätze.

b) Gleichwohl veranlasst der vorliegende Fall den Senat zu ei...

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