Leitsatz (amtlich)
1.
Eine Wiedereinsetzung entsprechend §§ 239 Abs. 3, 44, 45 StPO scheidet aus, wenn das Fehlen der auf der Ladung des Angeklagten zum Berufungshauptverhandlungstermins erforderlichen Hinweise (323 StPO) nicht ursächlich für die Säumnis war.
2.
Eine Revision gegen ein Urteil nach § 329 StPO ist unzulässig, wenn die erhobenen Verfahrensrügen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechen und eine Sachrüge nicht erhoben wird.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 6 Ns 145/07) |
Tenor
Die Revision wird verworfen.
Die Kosten beider Rechtsmittel trägt die Angeklagte (§ 473 Abs.1 StPO).
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat am 01.06.2007 gegen die Angeklagte einen Strafbefehl wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen erlassen und eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro festgesetzt. Den dagegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht nach § 412 StPO verworfen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil gem. § 329 StPO verworfen, nachdem die Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin der Berufungshauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen war und sich auch nicht in zulässiger Weise hatte vertreten lassen. Das Landgericht führt aus, dass die Angeklagte aufgrund des von ihrem Verteidiger gestellten Verlegungs- und Befangenheitsantrages nicht habe davon ausgehen können, dass ihr Erscheinen nicht erforderlich war.
Die Angeklagte hat am 21.02.2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung beantragt und Revision eingelegt. Das Wiedereinsetzungsgesuch hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde. Nachdem das Urteil der Angeklagten am 19.04.2008 erneut zugestellt wurde, hat sie erneut Wiedereinsetzung beantragt und Revision eingelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung beider Rechtsmittel beantragt.
II.
Die statthafte (§ 46 Abs. 3 StPO) sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht das Wiedereinsetzungsgesuch verworfen. Weder war der Angeklagten nach §§ 329 Abs. 3, 44, 45 StPO noch in deren entsprechender Anwendung Wiedereinsetzung zu gewähren.
1.
Soweit die Angeklagte ihre Entschuldigung damit begründen will, dass sie wegen eines gestellten Terminsverlegungs- und wegen eines Befangenheitsantrages davon ausging, zu dem Berufungshauptverhandlungstermin nicht erscheinen zu müssen, weil dieser verlegt werden würde, kann sie damit bereits im Wiedereinsetzungsverfahren nicht gehört werden. Diese Umstände sind in dem Verwerfungsurteil vom Amtsgericht gewürdigt worden. Die Rechtfehlerhaftigkeit der Berufungsverwerfung kann aber nicht im Wiedereinsetzungsverfahren, sondern nur im Revisionsverfahren geltend gemacht werden (Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 329 Rdn. 42 m.w.N.).
Die Angeklagte hat zudem nicht glaubhaft gemacht, dass sie Anlass hatte, davon auszugehen, dass der Hauptverhandlungstermin verlegt würde bzw. sonst ihr Erscheinen nicht notwendig sei. Auf ihr an das Gericht gerichtete Schreiben vom 04.02.2008 hat der Vorsitzende mit Schreiben vom 05.02.2008 deutlich gemacht, dass eine Verlegung wegen der kurzfristigen Beauftragung eines Verteidigers in dem seit längerem andauernden Berufungsverfahren nicht in Betracht komme. Einen weiteren Terminsverlegungsantrag des Verteidigers hat das Gericht diesem gegenüber ebenfalls abschlägig beschieden. Die abschlägige Bescheidung des vom Verteidiger am Nachmittag des 12.02.2008 gestellten Ablehnungsgesuchs wurde diesem am Verhandlungstage um 11.43 Uhr, also noch vor Beginn der Berufungshauptverhandlung um 12.35 Uhr, per Telefax übermittelt. Auch insoweit hat das Gericht in keiner Weise erkennen lassen, dass der Termin verlegt würde oder sonst ein Erscheinen der Angeklagten nicht erforderlich wäre. Allein der Umstand der Anbringung eines Befangenheitsgesuchs entbindet nicht von der Erscheinenspflicht (bzw. davon, sich ordnungsgemäß vertreten zu lassen). Das liegt auch nicht in der Natur der Sache, da ggf. über ein solches Gesuch auch noch kurzfristig vor Beginn der Hauptverhandlung entschieden werden kann.
Auch andere Gründe eines unverschuldeten Fernbleibens hat die Angeklagte weder hinreichend vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Die Umständlichkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel reicht als Entschuldigungsgrund nicht aus. Dass es der Angeklagten aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, zu dem Termin zu erscheinen, weil sie "bewegungsmäßig eingeschränkt" ist, trägt sie selbst schon nicht vor. Auch dass die Pflegebedürftigkeit ihres Ehemannes eine häusliche Abwesenheit zur Wahrnehmung des Gerichtstermins nicht gestattet, wird von ihr selbst nicht hinreichend dargelegt und auch nicht, z.B. durch Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung hierüber, glaubhaft gemacht. Schließlich ist auch nicht dargetan, dass sie aus finanziellen Gründen nicht zum Berufungshauptverhandlungstermin anreisen konnte. Insbes...