Leitsatz (amtlich)
›1. Ist im Zivilprozeß die Frage zu entscheiden, ob die vereinbarte Miete einer Wohnung innerhalb eines Komplexes öffentlich geförderter Wohnungen die Kostenmiete übersteigt (§ 8 Abs. 2 WoBindG), so ist das Zivilgericht nicht befugt, die von der Bewilligungsstelle im Rahmen der Bewilligung der öffentlichen Mittel nach § 72 Abs. 2 II. WoBauG behördlich für das Bauvorhaben genehmigte Durchschnittsmiete, auf deren Grundlage die verschiedenen Einzelmieten nach Maßgabe der §§ 8 a, 8 b WoBindG errechnet und vereinbart worden sind, auf die Richtigkeit ihrer Ermittlung nachzuprüfen.
2. Das gilt auch dann, wenn der behördliche Mietgenehmigungsbescheid von anderen als den am Zivilprozeß beteiligten Mietern noch angefochten werden kann oder wenn er zwar bereits angefochten ist, die Anfechtung aber noch nicht zu einer rechtskräftigen Aufhebung oder Abänderung des Bescheides geführt hat.
3. Offen bleibt - weil nicht Gegenstand der Vorlage -, wie zu verfahren ist, wenn durch einen oder einzelne von mehreren Mietern eine Aufhebung oder Abänderung des Genehmigungsbescheides rechtskräftig erwirkt wird.‹
Gründe
Das Landgericht Bochum hat dem Senat mit Beschluß vom 09. Dezember 1983 die folgenden Fragen, denen es grundsätzliche Bedeutung beimißt, gemäß Art. III Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften zum Rechtsentscheid vorgelegt:
1.) Ist im sozialen Mietrecht für die Frage, ob das vereinbarte Entgelt die Kostenmiete der im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses vorliegende Genehmigungsbescheid der Verwaltungsbehörde zugrunde zulegen, oder hat das Zivilgericht bei einem Streit der Parteien des Mietvertrages um die Miethöhe die Richtigkeit der Berechnung der Kostenmiete unabhängig von der verwaltungsbehördlichen oder eventuellen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbständig zu überprüfen, d.h. ist unter ›Kostenmiete‹ im Sinn des § 8 Abs. 2 WoBindG die genehmigte Miete als solche oder die objektiv richtig berechnete Kostenmiete zu verstehen
2.) Falls für die Ermittlung der Kostenmiete die verwaltungsbehördlich genehmigte Kostenmiete maßgeblich ist: Kommt es darauf an, ob der Genehmigungsbescheid im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur für diesen Mieter verwaltungsrechtlich nicht angegriffen werden kann, oder auch von den übrigen Mietern nicht mehr angefochten werden kann
Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist Verwalterin und Mieteinzugsberechtigte eines Wohnungskomplexes in der 47 öffentlich geförderte Wohnungen enthält.
Die Beklagten waren von Mai bis Dezember 1977 Mieter einer dieser Wohnungen dieses Komplexes, nachdem zuvor der Beklagte zu 1) von März 1967 bis Dezember 1977 Mieter einer dieser Wohnungen dieses Komplexes, nachdem zuvor der Beklagte zu 1) von März 1967 bis April 1977 in demselben Haus eine andere Wohnung gemietet gehabt hatte. Die Parteien streiten darüber, ob die von der Klägerin verlangte Miete der Kostenmiete gemäß § 8 WoBindG entspricht.
Der Oberstadtdirektor der Stadt genehmigte mit Bescheid vom 8.2.1973 auf der Grundlage der von der Eigentümerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung die zulässige Durchschnittsmiete gemäß § 8 a Abs. 4 WoBindG. Mehrere Miete, unter anderem der Beklagte zu 1), hielten diesen Mietgenehmigungsbescheid für falsch und klagten beim zuständigen Verwaltungsgericht gegen den Oberstadtdirektor in auf Aufhebung des Bescheides. In dem Verwaltungsrechtsstreit, den der Beklagte zu 1) als Mieter der zunächst von ihm allein gemieteten Wohnung führte, unterlag er. Das OVB Münster als Berufungsgericht gelangte mit Beschluß vom 11.6.1980 - 14 A 2354/79 - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, der Kläger sei durch den Bescheid vom 8.2.1973 nicht in seinen Rechten verletzt, weil er bei Erlaß dieses Bescheides noch nicht Mieter der Klägerin gewesen und somit von der Entscheidung des Oberstadtdirektors nicht betroffen sei. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Beklagten zu 1) gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluß vom 17.2.1981 - 8 B 66.80 - zurück. Ein weitere Verwaltungsrechtsstreit, den eine andere Mieterin der Klägerin wegen des genannten Mietgenehmigungsbescheides gegen den Oberstadtdirektor der Stadt führt, ist z.Z. vor dem OVG Münster - 14 A 2258/82 - anhängig, nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 27.4.1982 - 6 K 3532/80 - den Mietgenehmigungsbescheid in geringem Umfange aufgehoben hat.
Die Beklagten bezahlten während der gesamten Mietdauer nur eine Miete in Höhe von ca. 2/3 des von der Klägerin aufgrund des Mietvertrages und einer zwischenzeitlich erklärten Mieterhöhung verlangten Betrages. Mit der Klage begehrt die Klägerin Zahlung der Differenz.
Das Amtsgericht hat die Klage im wesentlichen stattgegeben und seine Entscheidung unter anderem damit begründet, der Mietgenehmigungsbescheid des Oberstadtdirektors in müsse als Ausgangspunkt der Berechnung der Kostenmiete angesehen werden, da er von den Beklagten verwaltungsgerichtlich nicht mehr angre...