Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 2 O 220/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.10.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.144,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 61 % und die Beklagte 39 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um restliche Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach der am ....07.2012 verstorbenen C.
Die Erblasserin war die Großmutter der am ....03.1974 geborenen Klägerin. Der am ....11.1974 verstorbene Vater der Klägerin war der einzige Sohn der Erblasserin. Er war bis zu seinem Tod mit der Mutter der Klägerin verheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemannes heiratete die Mutter der Klägerin erneut. Ihr neuer Ehemann adoptierte die Klägerin am 24.04.1978. Die Erblasserin errichtete mit ihrem Ehemann am 06.01.1975 ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und die Klägerin zur Alleinerbin des Letztlebenden einsetzten, wobei diesem die Änderung und Aufhebung des Testaments vorbehalten blieb. Die Erblasserin setzte nach dem Tod ihres Ehemannes mit eigenhändigem Testament vom 05.05.2012 die Beklagte zu ihrer alleinigen Erbin ein. Darüber hinaus wendete sie der Beklagten schenkungsweise drei Geldbeträge zu. Am 12.03.2009 erhielt die Beklagte 5.000 EUR, am 24.08.2009 500,00 EUR und am 11.04.2012 schenkte die Erblasserin ihr weitere 2.000 EUR. Nach dem Tod der Erblasserin fand die Beklagte in deren Nachlass ein Sparbuch mit einem Guthaben in Höhe von 3.519,97 EUR. Das Sparbuch lautete auf den Namen der Klägerin als Inhaberin. Zum Nachlass der Erblasserin gehören u.a. 7 landwirtschaftlich genutzte Flächen, deren Wert zwischen den Parteien streitig ist. Die Beklagte ließ den Wert der Grundstücke durch den Sachverständigen Dipl. Ing. agr. T ermitteln. Der Sachverständige bewertete die Flächen in seinem Gutachten vom 10.03.2013 mit insgesamt 176.300,00 EUR. Die Beklagte zahlte an die Klägerin zur Abgeltung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen einen Betrag in Höhe von insgesamt 215.655,23 EUR.
Die Klägerin hat behauptet, ihr verstorbener Vater habe zum Zeitpunkt seines Todes die elterliche Sorge für sie gehabt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe den Wert der landwirtschaftlichen Nutzflächen deutlich zu niedrig angesetzt. Maßgeblich sei ein möglicher Verkaufserlös. Sie hat behauptet, die Zeugen L, I und I2 seien bereit gewesen, die Flächen zu einem höheren Preis zu erwerben und hätten dementsprechende Angebote gemacht.
Die Beklagte hat gemeint, das Verwandtschaftsverhältnis der Klägerin zur Erblasserin sei durch die Adoption erloschen. Es sei der Verkehrswert der Grundstücke zu ermitteln. Davon sei die latente Steuerlast abzuziehen, da es sich um Betriebsvermögen handele. Sie behauptet, bei den Geldzuwendungen der Erblasserin an sie habe es sich um belohnende Schenkungen gehandelt.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen L, I und I2 und L2 sowie Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Kfm. T2 nebst mündlicher Erläuterung unter Abweisung im Übrigen der Klage in Höhe von 77.952,39 EUR stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe noch ein Anspruch in Höhe des ausgeurteilten Betrages zu. Ursprünglich habe der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 290.657,62 EUR zugestanden. Die Klägerin sei durch das eigenhändige Testament der Erblasserin wirksam von der Erbfolge ausgeschlossen worden. Nach gesetzlicher Erbfolge wäre die Klägerin als einziger Abkömmling der Erblasserin hingegen Alleinerbin geworden. Daran hätte die Adoption durch den Stiefvater nichts geändert, denn diese habe - da ihr Vater bis zu seinem Tode sorgeberechtigt gewesen sei - das Verwandtschaftsverhältnis der Klägerin zur Erblasserin nicht erlöschen lassen. Der Wert der Grundstücke, die zum Nachlass gehörten, sei anhand des möglichen Verkaufserlöses zu ermitteln. Die Höhe dieses möglichen Erlöses sei durch die vernommenen Zeugen glaubhaft bestätigt worden. Ein Gutachten zur Höhe des Verkehrswertes der Grundstücke sei daher nicht einzuholen gewesen. Es sei allerdings eine latente Steuerlast zu berücksichtigen, die der Sachverständige anhand des fikt...