Leitsatz (amtlich)
Kann beim Wechsel einer Rechtsschutzversicherung infolge der Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 94 eine Deckungslücke entstehen, handelt ein umfassend beauftragter Versicherungsmakler zwar pflichtwidrig, wenn er seinen Kunden vor dem Versichererwechsel nicht auf diesen Umstand hinweist. Der Maklerkunde kann aufgrund dieser Pflichtverletzung aber keinen Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch entstanden ist, dass er die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 3 lit. b ARB 94 schuldhaft versäumt oder es - im Falle einer schuldlosen Fristversäumnis - unterlässt, einen dann weiterhin bestehenden Deckungsanspruch gegen den Rechtsschutzversicherer durchzusetzen.
Normenkette
BGB § 280; ARB 94 § 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.1.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer des LG Essen (19 O 524/09) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 20.000 EUR; die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Sachverhaltsdarstellung
Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Der Sachverhalt stellt sich nunmehr wie folgt dar:
Die Klägerin unterhält als selbständige Kieferorthopädin eine eigene Praxis. Aufgrund des Versicherungsmaklerauftrages vom 15.12.1996 (Bl. 253 GA) war die Beklagte für sie als Versicherungsmaklerin tätig.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte wegen einer fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Umdecken einer Rechtsschutzversicherung auf Schadensersatz in Anspruch.
Für die Klägerin bestand seit September 1995 ein Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz für Selbständige gem. § 28 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) 94 bei der S Rechtsschutz (im Folgenden: S). Zusätzlich war vom 2.2.1998 bis zum 1.9.2000 der Spezial-Straf-Rechtsschutz bei der S versichert.
Zum 1.9.2000 wechselte die Klägerin zur P Rechtsschutzversicherung (im Folgenden: P), bei der sie vergleichbaren Versicherungsschutz mit einer Rechtsschutzkombination für niedergelassene Ärzte nach § 26 ARB 98 vereinbarte. Dieser Wechsel wurde von der Beklagten vermittelt. Auf mögliche Deckungslücken im Versicherungsschutz, die sich bei einem Versichererwechsel ergeben können, wies die Beklagte die Klägerin nicht hin. Der Versicherungsschutz der Klägerin bei der P endete mit Ablauf des Jahres 2004.
Am 15.2.2006 erließ die L (im Folgenden: L) gegen die Klägerin einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid (Anl. K 1, Bl. 8 ff. GA), mit dem Honorare aus dem Abrechnungszeitraum 1.1.2000 bis 31.12.2004 i.H.v. insgesamt 653.005,57 EUR zurückgefordert wurden. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin mit von ihr eingereichten Eigenlaborrechnungen kieferorthopädische Leistungen sachlich und rechnerisch falsch abgerechnet habe. Sie habe Leistungen eines fremden Labors zu Unrecht als Eigenleistungen deklariert und überhöht in Rechnung gestellt.
Aus diesem Grunde war auch ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Betruges gegen die Klägerin eingeleitet worden (.../... StA L1), in dem die Klägerin im August 2005 als Beschuldigte vernommen wurde. Im Jahre 2010 ist das Strafverfahren nach zwischenzeitlicher Anklageerhebung vom Schöffengericht L3 gegen Zahlung einer Geldbuße gem. § 153a StPO eingestellt worden. Dem war zunächst ein Beschluss des Schöffengerichts L3 vorangegangen, durch den die Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt wurde. Im Rahmen der dann doch stattfindenden Hauptverhandlung erfolgte die Einstellung.
Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der L ging die Klägerin vorgerichtlich und gerichtlich vor. Sie legte zunächst Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.2.2006 ein. Dieser Widerspruch wurde am 15.8.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Am 1.7.2006 beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Dieser Antrag wurde durch das Sozialgericht E am 14.7.2006 zurückgewiesen. Dagegen legte die Klägerin - erfolglos - Beschwerde beim Landessozialgericht O ein.
In der Hauptsache erhob die Klägerin nach Erhalt des Widerspruchbescheides Klage beim Sozialgericht. Das Verfahren wurde im Hinblick auf das Strafverfahren ausgesetzt und ist noch nicht abgeschlossen.
In Fortsetzung der mit Bescheid vom 15.2.2006 vertretenen Rechtsauffassung behielt die L in den Quartalen 1/06 bis 1/07 von der Klägerin gefordertes Honorar ein und wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Einbehaltungsbescheide zurück. Die Klägerin reichte darauf hin weitere Klagen beim Sozialgericht E ein, die ebenfalls noch nicht entschieden sind.
Über die vo...