Leitsatz (amtlich)
1.
Es verstößt nicht gegen das Verschlechterungsverbot, wenn das Berufungsgericht wegen einer nicht mehr möglichen nachträglichen Gesamtstrafenbildung strafmildernd einen Härteausgleich berücksichtigt, den das erstinstanzliche Gericht noch nicht in seine Strafzumessung einbezogen hatte, und dann dennoch auf eine gleichhohe Strafe wie in erster Instanz erkennt (abweichend von OLG Koblenz NStZ-RR 2004, 330 und OLG München NJW 2006, 1302).
2.
Es ist bei der Vornahme des Härteausgleichs nicht erforderlich, zunächst eine fiktive Gesamtstrafe zu bilden und diese dann um die vollstreckte Strafe zu mildern, sondern es ist ausreichend, wenn der Härteausgleich als Strafmilderungsgrund (i.S.d. § 46 StGB) berücksichtigt würde.
Verfahrensgang
LG Detmold (Entscheidung vom 06.08.2007; Aktenzeichen 4 Ns 35 Js 1664/06) |
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Detmold hat den vielfach - auch einschlägig - vorbestraften Angeklagten mit Urteil vom 06.08.2007 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt und eine Sperrfrist nach § 69a StGB von 3 Jahren festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts befuhr der Angeklagte am 21.05.2006 mit einem PKW Opel Kadett den M-Weg in der Ortschaft T, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein, was er wußte.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und das Rechtsmittel mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat zunächst in Ihrer Antragsschrift vom 05.02.2008 beantragt,
die Revision mit der Maßgabe zu verwerfen, dass der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt wird.
In der Revisionshauptverhandlung hat sie beantragt,
die Revision zu verwerfen.
II.
Die form- und frisgerecht eingelegte und begründete Revision hat keinen Erfolg.
1.
Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 5 StPO ist unbegründet.
Nach Vernehmung des Zeugen PK N hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung den Antrag gestellt, "zum Beweis für die Tatsache, dass die Örtlichkeiten die uneingeschränkte visuelle Wahrnehmungsmöglichkeit im Hinblick auf die Fahrereigenschaft des Angeklagten nicht zulassen", die Örtlichkeiten im Rahmen eines Ortstermins in Augenschein zu nehmen. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, weil der Polizeibeamte die Örtlichkeiten hinreichend genau beschrieben habe und sich heute nicht mehr feststellen lasse, ob die visuelle Wahrnehmungsmöglichkeit des Polizeibeamten etwa durch parkende Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Tat eingeschränkt war.
Der Antrag des Angeklagten ist bereits kein Beweisantrag, da in ihm weder eine bestimmte Beweistatsache behauptet wird, noch das Beweismittel bestimmt angegeben ist. Die Behauptung, dass die Örtlichkeiten keine uneingeschränkte visuelle Wahrnehmungsmöglichkeit zuließen, ist lediglich die Behauptung des angestrebten Beweiszieles, nicht aber die Behauptung einer konkreten Tatsache (z. B. dass die Straße zwischen dem Beobachtungspunkt des Zeugen und dem Standort des Angeklagten einen starken Knick macht und/oder die Sicht durch Gebäude, Bepflanzung, etc.versperrt ist). Hinsichtlich des Beweismittels fehlt es an der genauen Angabe der Örtlichkeiten, die in Augenschein genommen werden sollen. Sollten diese aus dem bisherigen Verlauf der Hauptverhandlung für alle Beteiligten klar gewesen sein, so wären in der Revisionsbegründung jedenfalls Ausführungen hierzu erforderlich gewesen, um die Begründungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zu erfüllen.
Demnach musste dem Beweisbegehren allenfalls nach Maßgabe der Aufklärungspflicht nachgegangen werden. Es ist indes vom Beschwerdeführer nicht dargelegt worden, aufgrund welcher Umstände das Gericht sich zu der begehrten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
2.
Auch die Rüge der Verletzung materiellen Rechts ist unbegründet. Weder der Schuldspruch noch der Rechtsfolgenausspruch weisen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Näherer Erörterung bedarf hier allein die von der Generalstaatsanwaltschaft aufgeworfene Frage, ob das Landgericht trotz Gewährung eines vom Amtsgericht noch nicht vorgenommenen Härteausgleichs unter Berücksichtigung des Verbots der Schlechterstellung ( § 331 Abs. 1 StPO) auf die gleiche Strafe erkennen durfte, wie das Amtsgericht.
a)
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte am 11.09.2006 vom AG Detmold wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt worden, die zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung noch nicht vollständig vollstreckt war. Des weiteren war er am 03.01.2007 vom AG Paderborn wegen einer am 02.06.2006 begangenen fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe v...