Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung gegen Einmalzahlung: Falschberatung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur (hier verneinten) Falschberatung bei Abschluss einer privaten Rentenversicherung gegen Einmalzahlung durch eine 72-jährige Versicherungsnehmerin
2. Fragt ein Versicherungsnehmer nach einer Rentenversicherung, so ist der Rentenversicherer nicht verpflichtet, über alternativ in Betracht kommende Anlageprodukte Dritter (etwa Sparverträge) zu informieren. Auch der Agent muss dies - als Versicherungsagent, d.h. soweit sein Verhalten dem Versicherer zurechenbar ist - nicht tun. Dies gilt auch, wenn Agent ein Kreditinstitut ist.
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 24.10.2006; Aktenzeichen 2 O 537/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.10.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Siegen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages.
Die am 6.6.1932 geborene Klägerin lebt von einer monatliche Rente i.H.v. rd. 900 EUR und wohnt mit ihrem im Jahre 1931 geborenen Lebensgefährten (dem Zeugen L) zusammen. Im Jahre 2003 flossen dem Zeugen L, der eine monatliche Rente von rd. 1.300 EUR erhält, 80.000 EUR aus einem Hausverkauf zu. Hiervon wollte er 40.000 EUR zur Absicherung der Klägerin anlegen, da die Klägerin keine Witwenrente - aus seiner Altersrente - erhalten würde.
Der Zeuge L erkundigte sich bei dem Zeugen E (Mitarbeiter der Volksbank S, die als Agentin der Beklagten tätig ist) nach einer Möglichkeit, die 80.000 EUR anzulegen. Insbesondere ging es dabei um die Möglichkeit, die der Klägerin zugedachten 40.000 EUR anzulegen. In diesem Zusammenhang kam es zu diversen Beratungsgesprächen in den Räumen der Volksbank, an denen neben der Klägerin und dem Zeugen L auch die Zeugen E und P (dieser ebenfalls Agent der Beklagten) teilnahmen. Dabei kam auch der Abschluss einer Rentenversicherung gegen Einmalzahlung mit lebenslanger Sofortrente zur Sprache. Die Klägerin erhielt hierzu den "persönlichen Vorschlag für eine X-Rentenversicherung" (Bl. 10 ff. d.A.) vom 3.2.2004. Sie unterzeichnete auch den Versicherungsantrag vom 3.2.2004 (Bl. 60 f. d.A.). Die Einzelheiten der Gespräche sind zwischen den Parteien teilweise streitig.
Am 10.2.2004 erhielt die Klägerin den Versicherungsschein und weitere Unterlagen (Tarifbeschreibung, AVB, Bl. 14 ff. d.A.). Danach sollte die Klägerin 40.000 EUR in die Versicherung zahlen. Dafür sollte die Klägerin eine sofortige (ab dem 1.4.2004) garantierte lebenslange Rente i.H.v. 213,84 EUR zzgl. eines - nicht garantierten und veränderlichen - anfänglichen Überschussanteils von 38,33 EUR erhalten. Sollte die Klägerin vor dem 1.3.2014 versterben, sollte die Rente bis zum 1.3.2014 an den Zeugen L, der insoweit Bezugsberechtigter war, gezahlt werden.
Die Klägerin zahlte die 40.000 EUR ein und erhielt zwischen dem 1.4.2004 und dem 30.4.2005 die monatlichen Renten nebst Überschussbeteiligungen (diese zuletzt 57,53 EUR monatlich) i.H.v. insgesamt 3.530,38 EUR ausgezahlt. Unter dem 16.2.2005 beantragte die Klägerin die Auszahlung der garantierten Rente, d.h. der bis zum 1.3.2014 fällig werdenden Rentenbeträge (Bl. 62 d.A.). Die Beklagte bot die abgezinste Auszahlung i.H.v. 20.342,84 EUR an (Bl. 63 f. d.A.), was die Klägerin unter dem 24.3.2005 (Bl. 66 d.A.) annahm. Daraufhin zahlte die Beklagte diesen Betrag am 29.4.2005 an die Klägerin aus.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.5.2005 warf die Klägerin der Beklagten vor, sie fehlerhaft beraten zu haben, und forderte die Beklagte auf, den Rentenvertrag aufzuheben und den Unterschiedsbetrag zwischen den erhaltenen Zahlungen und dem Anlagebetrag von 40.000 EUR zurückzuzahlen (Bl. 68 d.A.), was die Beklagte allerdings ablehnte (Bl. 73/75 d.A.).
Die Klägerin hat behauptet:
Der Zeuge L habe dem Zeugen E mitgeteilt, er wolle die 40.000 EUR für die Klägerin zusätzlich zur Rente anlegen. Es sei der Wunsch geäußert worden, dass das Geld sicher und verzinslich angelegt werden solle und mit der Möglichkeit, über kleiner Beträge zwischendurch verfügen zu können. Auch solle der Restbetrag im Falle des Vorversterbens der Klägerin an den Zeugen L zurückfließen. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Rente im Falle ihres Todes vor dem 1.3.2014 (Ablauf der Garantiezeit) nur bis zu diesem Zeitpunkt an den Zeugen L gezahlt werden würde. Die Zeugen P und E hätten vielmehr erklärt, dass es sich um einen lebenslange Rente handeln würde und dass der Zeuge L "erben" würde, wenn sie zuvor sterben sollte. Auch hätten die Zeugen erklärt, dass das Geld mit ca. 5 % pro Jahr verzinst würde. Auch habe die Beklagte die Berechnung der Überschussanteile anhand der veralteten Sterbetafeln vorgenommen, obwohl zum Zeitpunkt der Beratung bereits bekannt gewesen sei, dass bald neue Sterbetafeln veröffentlicht werden würden.
Sie sei falsch beraten worden. Die empfohlene Rentenversicherung sei f...