Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung im Falle der künstlichen Befruchtung ohne ärztliche Hilfestellung
Leitsatz (redaktionell)
Eine künstliche Befruchtung ohne ärztliche Hilfestellung führt zum Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 4 BGB.
Normenkette
BGB § 1600 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hagen (Aktenzeichen 130 F 67/05) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.
Gründe
I. Der Kläger ficht die Vaterschaft für die am 19.10.2004 geborenen Beklagte an.
Zum Zeitpunkt der Geburt der Beklagten war der Kläger mit der Kindesmutter, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, verheiratet.
Die Beklagte ist durch eine künstliche Befruchtung gezeugt worden, die ohne ärzt-liche Hilfe durchgeführt wurde.
Der Kläger hat behauptet, lediglich mit einem Versuch einer künstlichen Befruchtung einverstanden gewesen zu sein, nicht aber mit einem zweiten, der zur Zeugung der Beklagten geführt hat.
Das AG hat die Klage nach Anhörung der Kindesmutter und Vernehmung der Zeugen T und E mit der Begründung abgewiesen, dass - auch wenn der Kläger nicht der Erzeuger der Beklagten sein sollte - aufgrund der Beweisaufnahme feststehe, dass er mit einer künstlichen Befruchtung mittels Samenspende des Zeugen T einverstanden gewesen sei.
Die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt, rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung und hat eine eidesstattliche Versicherung der Zeugin E vorgelegt, nach der ihre Aussage vor dem AG falsch und der Kläger von Anfang an gegen einen zweiten Versuch der künstlichen Befruchtung und bei dessen Durchführung auch nicht anwesend gewesen sei.
Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Senat hat die Zeugen L, T und E vernommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 22.12.2006 nebst Berichterstattervermerk Bezug genommen.
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Die Anfechtung der Vaterschaft durch den Kläger ist gem. § 1600 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, da die Beklagte mit Einwilligung des Klägers und der Kindesmutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist.
a) Eventuelle Rückwirkungsprobleme bezüglich des am 12.4.2002 durch das KindRVerbG eingefügten § 1600 Abs. 4 BGB (Staudinger/Rauscher, BGB (2004), § 1600 Rz. 72 gegen BGH NJW 2005, 1428 und MüKo/Wellenhofer-Klein, BGB, 4. Aufl., § 1600b Rz. 16e), bestehen nicht, da die am 19.10.2004 geborene Beklagte nach dem 12.4.2002 gezeugt wurde.
b) Die Beklagte ist durch künstliche Befruchtung gezeugt worden. Zweifel an der Richtigkeit der entsprechenden Feststellung des AG bestehen nicht. Vielmehr haben alle Zeugen eine künstliche Befruchtung bestätigt, die Kindesmutter hat Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann während der gesetzlichen Empfängniszeit verneint und der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, es sei medizinisch festgestellt, dass er zeugungsunfähig ist.
c) Die Befruchtung erfolgte auch mit Einverständnis des Klägers.
Dies hat schon das AG festgestellt. Zwar lagen zunächst konkrete Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründeten und die eine erneute Feststellung gebieten. Die Zeugin E, die ein Einverständnis des Klägers in die künstliche Befruchtung in erster Instanz bestätigt hat, worauf sich u.a. die Entscheidungsgründe des Amtgerichts stützen, hat ihre Aussage entsprechend ihrer zuvor abgegebenen eidesstattlichen Versicherung im Berufungsverfahren bei erneuter Vernehmung dahin geändert, dass der Kläger von dem - zweiten - Befruchtungsvorgang nichts gewusst habe und vorher auch kein allgemeines Einverständnis abgegeben habe.
Die erneute Feststellung führt aber zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger bei der künstlichen Befruchtung in der Wohnung war, in der sich das Geschehen ereignet hat, von dem Vorgang wusste und mit ihm einverstanden war.
Dies haben die Zeugen T und L, die Kindesmutter, glaubhaft bestätigt. Sie haben das Geschehen detailreich und ausführlich geschildert. Kleinere Abweichungen ihrer Aussagen im Randgeschehen sind ohne weiteres durch Gedächtnismängel zu erklären und lassen darauf schließen, dass die beiden Zeugen ihre Aussagen nicht zuvor untereinander abgesprochen haben.
Der Senat glaubt ihnen und nicht der Zeugin E, die ausgesagt hat, der Kläger habe von dem zur Schwangerschaft führenden Ereignis nichts gewusst und sei auch nicht dabei gewesen.
Während die Zeugen T und L ihre Angaben, die sie in erster Instanz gemacht haben, glaubhaft bestätigt haben, hat die Zeugin E im Berufungsverfahren das Gegenteil von dem ausgesagt, was sie beim AG bekundet hat. Dort hat sie ausgesagt, der Kläger sei bei dem zweiten Versuch dabei gewesen, und habe sich mit ihr zusammen im Wohnzimmer aufgehalten, während Frau L allein im Schlafzimmer gewesen sei, um sich die Spritze einzuführen. Nunmehr hat sie erklärt,...