Entscheidungsstichwort (Thema)
Mithaftung, Bürgschaft, Heimentgelt, Wirksamkeit, AGB, Sittenwidrigkeit, Auslegung, Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Mithaftung eines Betreuers für das vom betreuten geschuldete Heimentgelt.
Normenkette
BGB §§ 133-134, 157, § 199 ff., §§ 242, § 305 ff., §§ 765-766; HeimG § 14
Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 21.03.2011; Aktenzeichen 24 O 174/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.03.2011 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (Az. 24 O 174/11) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.452,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO und § 544 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet.
Der Klägerin steht ein durchsetzbarer Anspruch auf Zahlung der im Tenor genannten Summe nebst Rechtshängigkeitszinsen zu.
1.
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlicher Heimentgelte und der Kosten der Rechtsverfolgung vor dem Landgericht Hagen folgt aus § 765 Abs. 1 BGB i. V. m. der von dem Beklagten unterschriebenen Erklärung vom 14.05.2004.
a)
Der Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin durch Unterzeichnung der Erklärung vom 14.05.2004 verpflichtet, für die Verbindlichkeiten des Betreuten aus dem Heimvertrag einzustehen.
aa)
Nach dem gem. §§ 133, 157 BGB auszulegenden Wortlaut der Erklärung hat sich der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Verbindlichkeiten des Betreuten aus dem Heimvertrag verbürgt (§ 765 BGB).
(1)
Nach der eindeutigen Formulierung im letzten Absatz über dem Feld für Namen und Anschrift des Unterzeichners ist aufgenommen, dass sich der Unterzeichner zur Kostenübernahme verpflichtet, falls die vorher bezeichneten Maßnahmen zur Deckung der Heimentgelte nicht ausreichen. Diese Erklärung macht ausschließlich dann Sinn, wenn sie von einem Dritten, also nicht von dem Heimbewohner abgegeben wird, weil dieser ohnehin aufgrund der vertraglichen Verpflichtung aus dem Heimvertrag haftet. Seine zusätzliche Haftungsübernahme für dieselbe Schuld wäre überflüssig.
Gegen diese Auslegung spricht auch nicht, dass der Beklagte in der ersten Zeile der vorgedruckten Erklärung Streichungen vorgenommen hat und dass er als Berufsbetreuer möglicherweise kein Interesse an einer Mithaftung hatte.
Die Streichung in der ersten Zeile könnte zwar für sich betrachtet so verstanden werden, dass nur der Beklagte in Vertretung für den Betreuten und nicht im eigenen Namen eine Erklärung abgegeben wollte. Diese Auslegung wäre aber allenfalls dann vorzunehmen, wenn die Erklärung nur aus dem ersten Absatz bestehen würde. Die übrigen Absätze, in denen eine Verpflichtung zur Antragstellung bei dem Sozialamt und eine Verpflichtung zur Kostenübernahme für die Heimentgelte statuiert werden, sind eindeutig auf die Erklärung eines Dritten ausgelegt. Aus diesem Grund und mangels weiterer Streichungen, die bei einer Erklärung für den Betreuten erforderlich gewesen wären, ist es nicht plausibel, dass die Streichung im ersten Absatz tatsächlich den von dem Beklagten behaupteten Erklärungswert hatten. Für den maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont ist die vorgenommene Streichung angesichts des eindeutigen Zwecks der vorgedruckten "Kostenübernahme"-Erklärung nicht als Negierung der Haftungserklärung anzusehen.
Auch die Tätigkeit des Beklagten als Berufsbetreuer ändert nichts an der Auslegung des eindeutigen Wortlauts. Der Beklagte mag mangels familiärer oder freundschaftlicher Verbindung zu dem Betreuten kein Interesse an einer persönlichen Haftung gehabt haben. Dieses fehlende Interesse schlägt sich in seiner Erklärung aber nicht nieder und kann daher nur bei der rechtlichen Bewertung der Tragweite seiner Haftung Bedeutung gewinnen (s. u. unter 1. a) aa) (2)).
Eine andere Bedeutung der Erklärung des Beklagten ergibt sich auch nicht aufgrund seines Vortrages im Rahmen der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2011, wonach er gegenüber dem Heimleiter im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Erklärung ausdrücklich gesagt habe, er werde keinerlei Haftung für die Heimkosten unternehmen und habe aus diesem Grund auch die Streichungen vorgenommen. Dieser von der Klägerin bestrittene Vortrag kann gem. § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO keine Berücksichtigung finden, weil er erstmals in zweiter Instanz vorgebracht und damit neu ist und trotz Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung die Voraussetzung für eine Zulassung weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
(2)
Die Erklärung ist als Bürgschaft i. S. d. § 765 Abs. 1 BGB zu bewerten. Zwar ist sie nicht als solche ausdrücklich bezeichnet worden. In der Fußzeile des Vordruck...