Leitsatz (amtlich)
1. Die Unzulässigkeit des Erlasses eines Grund- und Teilurteils ist in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen; es bedarf keiner entsprechenden Berufungsrüge.
2. Ein Teilurteil darf nicht erlassen werden, wenn es die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen schafft. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht oder Rechtsmittelgericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann.
Im Falle der einfachen Streitgenossenschaft besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn die Haftung eines Streitgenossen (hier: Planungsverschulden des Architekten) unmittelbar Auswirkung auf den Umfang der Haftung des anderen Streitgenossen (hier: Werkunternehmer) haben kann. Allerdings wird die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen weder dadurch geschaffen noch verstärkt, dass zum Anspruchsgrund entschieden und lediglich die Höhe des gegen den anderen Streitgenossen (hier: Werkunternehmer) bejahten Anspruchs offen gelassen wird.
3. Der Mangel eines an sich unzulässigen Teilurteils in Form der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen kann geheilt werden, wenn das gegenüber den anderen Streitgenossen ergangene Teilurteil rechtskräftig geworden ist.
4. Die Ausführung eines unbelüfteten Dachs (sog. "Warmdach") bedarf wegen der damit regelmäßig verbundenen Risiken besonderer handwerklicher und planerischer Sorgfalt.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 116 O 26/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das am 18.12.2019 verkündete Grund- und Teilurteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster, soweit es sie betrifft, abgeändert und insoweit unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:
Die zuletzt gegenüber der Beklagten zu 2) gestellten Klageanträge sind unter Berücksichtigung eines 1/4 Mitverschuldensanteils des Klägers dem Grunde nach gerechtfertigt. Die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die weiteren erstinstanzlichen Kosten und die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleiben dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger machte ursprünglich gegen die Beklagte zu 2), gegen den Beklagten zu 1) - Herrn Dipl.-Ing. W - und die Beklagte zu 3) - die T GmbH - Vorschuss und Schadensersatz wegen behaupteter Baumängel und Planungsfehler geltend.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Q-Straße 1 in N. Das Grundstück ist mit einem Haus bebaut. Im Jahr 2009 beabsichtigte der Kläger, eine Erweiterung dieses Wohnhauses durchführen.
Der Kläger beauftragte den Beklagten zu 1) mit Architektenvertrag vom 17.08.2008 mit der Erbringung von Architektenleistungen jedenfalls der Leistungsphasen 2-8. An dem Haus des Klägers sollte ein doppelstöckiger Anbau mit einem unbelüfteten "Warmdach" angebaut werden, wobei die Dacheindeckung aus dampfdichten Zinkblechen bestehen sollte. Der vom Kläger beauftragte Streithelfer erstellte am 19.11.2008 den Wärmeschutznachweis nach der EnEV 2007.
Der Beklagte zu 1) erstellte das Leistungsverzeichnis vom 09.04.2009 (Anlage AG 1-3) auf dessen Grundlage die Beklagte zu 2) am 11.05.2009 beauftragt wurde. In dem Leistungsverzeichnis heißt es ausdrücklich, dass dem Angebot die VOB neueste Fassung zu Grunde liege. Zudem lautet das Leistungsverzeichnis auszugsweise wie folgt:
"210 65 m2 Gipskarton-Deckenbekleidung...
Dampfsperre/Windsperre für Warmdachkonstruktion
gem. EneV liefern und einbauen incl. aller Anschlüsse
240 60 m2 Gipskarton-Deckenbekleidung...
Dampfsperre/Windsperre für Warmdachkonstruktion
gem. EneV liefern und einbauen incl. aller Anschlüsse
250 40 m2 Gipskarton-Deckenbekleidung...
Dampfsperre/Windsperre für Warmdachkonstruktion
gem. EneV liefern und einbauen incl. aller Anschlüsse..."
Ab dem 20.05.2009 wurde der Anbau errichtet. Im Obergeschoss wurden zwei Wohnungen errichtet. Am 25./26.05.2009 wurde die Schalung aufgebracht. Die Beklagte zu 3) wurde mit Auftrag vom 25.05.2009 mit der Durchführung der Klempnerarbeiten sowie der Erstellung des Metall-Vorbaudaches beauftragt. Ab dem 23.06.2009 wurde das Dach im Anbau gedämmt und ab dem 08.08.2009 begannen die Innenputzarbeiten. Die Beklagte zu 2) verwendete hierbei eine Dampfsperre - beschriftet mit "SD 100".
Ende 2009 erfolgte die Abnahme der Leistungen der Beklagten.
Der Kläger stellte 2014 Feuchtigkeitserscheinungen in den Obergeschoss-Wohnungen im Bereich des Anbaus fest. Der von ihm hinzugezogene Privatgutachter Dipl.-Ing. H (im Folgenden: Privatgutachter) führte am 13.05.2014 einen Ortstermin durch, in dem ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2) die Decke im Wohnzimmer einer Wohnung im Obergeschoss (im Folgenden: rechte Wohnung) in einem kleinen Bereich aufnahm. Der Privatgutachter erstellte sein Privatgutachten vom 26.08.2014, in dem er im Wesentlichen zu dem Ergebnis kam, dass die nach der Bautei...