Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 29.11.1996; Aktenzeichen 6 O 47/96)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.05.1998; Aktenzeichen XI ZR 216/97)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. November 1996 verkündete Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Klägerin mit 7.344,10 DM.

 

Gründe

(abgekürzte Fassung gemäß § 543 II ZPO)

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Landgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Handelsvertreterausgleichsanspruch im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.

1.

Dem Landgericht ist allerdings nicht zu folgen, soweit es seiner Entscheidung auf die Überlegung gestützt hat, ein Handelsvertreterausgleichsanspruch stehe der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie nur rund 7.000,00 DM Provision verdient habe und deshalb wegen der geringen Höhe der Provision und der Kürze der Vertragsdauer nicht davon ausgegangen werden könne, daß dem Beklagten als Unternehmer ein erheblicher Vorteil aus der Tätigkeit der Klägerin erwachsen sei. Ein Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB kann nämlich auch gegeben sein, wenn das Vertragsverhältnis nur kurze Zeit Bestand gehabt hat (v. Hoyningen-Huene, Die kaufmännischen Hilfspersonen, § 89 b, Rn. 118, 131 a. I.). Daß der Handelsvertreter – wie hier – nur eine relativ geringe Provision während der gesamten Vertragszeit verdient hat, führt ebenfalls nicht für sich schon zum Verlust des Ausgleichsanspruchs. Vielmehr ist im Rahmen der Gesamtabwägung die Provisionshöhe mit zu berücksichtigen. Auch wenn der Handelsvertreter nur in geringem Umfang Provisionen verdient hat, kann aus seiner Tätigkeit für den Unternehmer ein dauerhafter Vorteil erwachsen.

2.

Der von der Klägerin geltend gemacht Handelsvertreterausgleichsanspruch ist aber nicht begründet, weil der Beklagte das Vertragsverhältnis zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt hat und deshalb nach dem Gesetz (§ 89 b III, Ziffer 2 HGB) ein Ausgleichsanspruch nicht besteht.

a)

Der Handelsvertretervertrag ist nicht durch das Schreiben der Klägerin vom 17.11.1995 beendet worden. Aus dem Inhalt dieses Schreibens ist zu entnehmen, daß die Klägerin in Zukunft für den Beklagten zwar nicht mehr tätig sein wollte, daß sie aber an dem Vertrag zunächst festhalten wollte, die Vereinbarung also in der Schwebe halten wollte, um sich weitere Schritte zu überlegen. An diesem Wortlaut des Schreibens hat die Klägerin auch im Prozeß festgehalten. Der Geschäftsführer der Klägerin hat bei seiner Anhörung durch den Senat ausdrücklich erklärt, daß eine Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die Klägerin nicht beabsichtigt gewesen ist.

b)

Der Handelsvertretervertrag hat somit noch bestanden, als der Beklagte mit dem Schreiben vom 22.11.1995 die Kündigung aus wichtigem Grund erklärt hat. Ein wichtiger Kündigungsgrund hat vorgelegen. Die Klägerin hat nämlich von einem Kunden des Beklagten versehentlich an sie gezahlte Gelder zumindest teilweise zu Unrecht einbehalten und sie hat sich darüber hinaus geweigert, für den Beklagten weiter tätig zu sein.

aa)

Ein Kündigungsgrund ist wichtig genug zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 89 a I HGB, wenn er dem Kündigenden das Abwarten des Vertragsablaufs oder der Frist zur ordentlichen Kündigung unzumutbar macht. Das war hier der Fall, weil die Klägerin Kundengelder zu Unrecht behalten hat. Die Firma …, eine Kundin des Beklagten, hat versehentlich Gelder statt an den Beklagten an die Klägerin überwiesen. Dabei handelt es sich, wie dem Schreiben der Firma … vom 27.11.1995 zu entnehmen ist (Bl. 88 d. A.), um insgesamt 13.894,50 DM, die am 18.08.1995 – 978,13 DM – am 26.09.1995 – 6.896,02 DM – und am 05.10.1995 – 6.020,35 DM – überwiesen worden sind. Der Beklagte hat von diesem Geld 8.100,36 DM erhalten und zwar in Teilbeträgen von 3.922,05 DM und 4.178,31 DM. Den Restbetrag von 5.794,14 DM hat die Klägerin einbehalten. Die Behauptung des Beklagten, auf dieses Geld habe die Klägerin zumindest zu einem wesentlichen Teil keinen Anspruch gehabt, gilt gemäß § 138 IV ZPO als zugestanden, weil die Klägerin diesem Sachvortrag nicht substantiiert entgegengetreten ist. Sie hat bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar darlegen können, wie sich ihre angeblichen Ansprüche zusammensetzen. Die Klägerin hat vielmehr ihren Sachvortrag in dieser Frage mehrfach gewechselt und dadurch zusätzliche Zweifel an ihrer Darstellung geweckt.

Daß die Klägerin mehr Geld einbehalten hat als ihr zugestanden hat, ergibt sich zunächst aus den schriftsätzlich vorgelegten Unterlagen. Aus der von der Klägerin vorgelegten Aufstellung (Bl. 18, 19 d. A.) errechnen sich bis Ende Oktober 1995 – zu diesem Zeitpunkt soll abgerechnet worden sein – Provisionsforderungen der Klägerin in Höhe von 6.213,15 DM netto oder 7.145,12 DM brutto. Die weiteren in der Aufstellung enthaltenen Rechnungspositionen müssen bei der ...

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