nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsentscheidung zum Urteil des LG Bochum vom 07.12.2000, veröffentlicht in ZIP 2001, 87
Leitsatz (amtlich)
Zur Insolvenzanfechtung von Kontokorrentverrechnungen gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 07.12.2000; Aktenzeichen 1 O 444/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Dezember 2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.123,71 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27. April 2000 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch durch unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zollbürgen zugelassenen Kreditinstitutes zu leisten.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 17.01.2000 am 04.02.2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH, begehrt von der beklagten Bank aus dem Gesichtspunkt der Konkursanfechtung Erstattung von 26.923,93 DM, weil die Beklagte innerhalb des letzten Monats vor Beantragung des Insolvenzverfahrens Zahlungseingänge von 24.037,96 DM und nach Antragstellung weitere Eingänge von 2.885,97 DM auf dem im Soll stehenden Kontokorrentkonto der Gemeinschuldnerin gutschrieb und verrechnete.
Die Beklagte hatte der Gemeinschuldnerin, die bei ihr über ein kontokorrentmäßig geführtes Geschäftskonto verfügte, mit Schreiben vom 12.03.1997 einen Kontokorrentkredit in Höhe von bis 100.000,00 DM zur Verfügung gestellt. Das Konto wies am 16.12.1999 einen Sollsaldo von 72.048,85 DM auf; Vom 17.12.1999 bis zum 14.01.2000 erfolgten auf dem Konto Gutschriften in Höhe von insgesamt 53.849,57 DM. Diesen standen im gleichen Zeitraum Lastschriften von insgesamt 57.762,88 DM gegenüber, so dass das Konto am 14.01.2000 einen Sollsaldo von 75.253,02 DM aufwies. Nach Stellung des Insolvenzantrages gingen auf dem Konto am 19.01. und am 21.01.2000 zwei weitere Gutschriften von 1.681,05 DM und von 1.170,32 DM ein. Mit Schreiben vom 24.01.2000 erklärte die Beklagte gegenüber der Gemeinschuldnerin unter Bezugnahme auf deren „Konkurs” die Kündigung des Kontokorrentkredits. Anschließend wurde dem Konto am 27.01.2000 noch ein Betrag von 34,60 DM gutgeschrieben.
Mit zwei Schreiben vom 12.04.2000 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung von während des letzten Monats vor Insolvenzantragstellung vorgenommenen Kontoverrechnungen in Höhe von 24.037,96 DM – dieser Betrag beruht auf der von Heublein (ZIP 2000, 165ff.) entwickelten Formel „Anfechtungsvolumen = Gutschriften – (Lastschriften – Kreditrest)” – sowie der nach Insolvenzantragstellung vorgenommenen Verrechnungen von insgesamt 2.885,97 DM.
Der Kläger hat Zahlung von 26.923,93 DM nebst Zinsen beansprucht und die Verrechnungen auf dem Konto für gemäß §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar gehalten.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Verrechnungen auf einem Kontokorrentkonto könnten unter dem Blickwinkel des § 131 InsO nicht als inkongruente Deckung bewerten werden. Denn die „Verdächtigkeit der inkongruenten Deckung”, die den Gesetzgeber veranlasst habe, im Vergleich zur Konkursordnung erleichterte Anfechtungsvoraussetzungen zu normieren, liege nicht vor, wenn das Kontokorrentverhältnis den Rechten und Pflichten des Geschäftsbesorgungsvertrages entsprechend abgewickelt werde.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 07.12.2000 (veröffentlicht in ZIP 2001, 87) antragsgemäß verurteilt aus im wesentlichen folgenden Gründen: Dem Kläger stehe aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO ein entsprechender Rückgewähranspruch zu. Die Verrechnungen von Gutschriften im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag Seien in der geltend gemachten Höhe von 24.037,96 DM nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, weil die Beklagte durch sie eine inkongruente Deckung erhalten habe. Sie habe nämlich als Gläubigerin nach Maßgabe des Kreditschuldverhältnisses keinen fälligen Anspruch auf den Eingang der Zahlungen gehabt, weil die gewährte Kreditlinie nicht überschritten und der Kontokorrentkredit nicht wirksam gekündigt gewesen seien. Insoweit sei nicht der Ansicht zu folgen, dass es sich bei, den Zahlungseingängen auf einem debitorisch geführten Kontokorrentkonto gleichwohl um eine kongruente Deckung handele, weil die Bank jedenfalls verpflichtet sei, die Zahlung entgegenzunehmen. Auch wenn der Kunde den Kontokorrentkredit vorzeitig zurückführen und die Bank entsprechende Leistungen des Kunden nicht zurückweisen könne, ohne in Annahmeverzug zu geraten, vermittele das Recht des Bankkunden ...