Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 30.03.1993; Aktenzeichen 3 O 44/93) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 30. März 1993 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Dem Beklagten wird untersagt, den Mitgliedern des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt … den ungehinderten Zutritt zu den Grundstücken … zum Zwecke der Bewertung der Gründstücke zu verweigern.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Sachwalter der Klägerin, dem vereidigten Buchprüfer und Steuerberater … auf dessen Verlangen Einsicht in sämtliche in seinem Besitz befindliche Geschäftsunterlagen, die die … betreffen, zu gewähren.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 2/5 und der Kläger 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung abwenden, sofrn die die Zwangsvollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung wird für den Beklagten auf 4.500,00 DM und für den Kläger auf 6.000,00 DM festgesetzt.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch unbedingte und unbefristete Bürgerschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu leisten.
Die Beschwer der Klägerin liegt über 60.000,00 DM, die des Beklagten unter 60.000,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung privaten Rechts. Zweck der 1966 durch letztwillige Verfügung der Mutter des Beklagten errichteten Stiftung ist nach § 2 Ziffer 1 ihrer Satzung die Unterstützung bedürftiger Familienangehöriger. Wegen weiterer Einzelheiten der Satzung wird auf deren Ablichtung (Bl. 20 ff der das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung betreffenden Akte 3 O 662/92 LG Essen = 8 U 123/93 OLG Hamm) verwiesen. Die Klägerin ist damit eine selbständige Stiftung im Sinne des § 2 Abs. 1 des Stiftungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 21.06.1977 (GVBl. S. 274 ff) – künftig: Stiftungsgesetz NW –, und zwar in der Ausgestaltung als Familienstiftung (§ 2 Abs. 5 Stiftungsgesetz NW). Auf den in Ablichtung bei der Akte 3 O 662/92 Lg Essen befindlichen Gesetzestext (dort Bl. 14 ff) wird Bezug genommen.
Der Beklagte ist der satzungsgemäß bestellte Vorstand der Klägerin, deren weitere Organe das Koratorium und der Familienrat bilden (Satzung §§ 6 und 7).
Die Klägerin wird im vorliegenden Rechtsstreit vertreten durch den vereidigten Buchprüfer und Steuerberater … in dessen – streitiger – Eigenschaft als Sachwalter und Liquidator der Stiftung. Seien Bestellung zum Sachwalter und Liquidator beruht auf folgendem:
Der Regierungspräsident … als nach § 18 Abs. 2 Stiftungsgesetz NW zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde bestellte mit Verfügung vom 25.02.1988 (Ablichtung in Anlage 2 zur Berufungserwiderung vom 31.08.1993 – Anlage-Hefter –) den Steuerberater … aus … unter Hinweis auf § 23 Stiftungsgesetz NW” zur Durchführung getroffener Anordnungen zum Sachwalter” der Stiftung. Die Bestellung lautet im wesentlichen wie folgt:
Die Beauftragung erstreckt sich auf folgenden Aufgabenbereich:
I)
Wahrnehmung aller Aufgaben als Stiftungsvorstand im Sinne von § 86 i.V.m. §§ 26, 27 (3), 28–31, 42 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
II a)
Ich übertrage Ihnen zunächst die Klärung der wirtschaftlichen Verhältnisse der … insbesondere die Feststellung der Vermögens- und Ertragslage sowie die Feststellung von Ansprüchen gegen den satzungsgemäßen Vorstand sowie gegen Dritte und die Aufstellung kaufmännischer Jahresabschlüsse (ohne Prüfung) für 1982 bis 1987.
b)
Nachdem Sie die Feststellungen zu a) getroffen haben, bitte ich hierüber einen Zwischenbericht abzugeben. In diesem Zwischenbericht erbitte ich auch Aussagen zur Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Forderungen.
In diesem Zwischenbericht bitte ich aufgrund der getroffenen Feststellungen auch Aussagen darüber zu treffen, ob
aa)
die satzungsgemäßen Organe berufen werden können, eine Satzungsänderung erforderlich ist und welche weiteren Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Stiftung nach Beendigung Ihrer Tätigkeit erforderlich sind
oder
bb)
die Stiftung aufgelöst werden muß.
III.
Nach Vorlage des Zwischenberichts (II. b) werde ich entscheiden, ob und welche weiteren Aufgaben Ihnen zu übertragen sind und wann Ihre Bestellung endet. Die Aufgaben nach I. sind für die gesamte Dauer Ihrer Bestellung wahrzunehmen.
Gegen diese Bestellung erhob die Klägerin unter dem 12.03.1988 Widerspruch, unter anderem mit der Begründung, daß die Beauftragung des Sachwalters mit allen Aufgaben des Stiftungsvorstandes durch § 23 Stiftungsgesetz NW nicht gedeckt sei. Diesen Widerspruch wies der Regierungspräsident mit Bescheid vom 24.05.1988 zurück (Ablichtung in Anlage 3 zur Berufungserwiderung). Darin mführet er unter anderem aus, daß die Klägerin einer Verfügung vom 10.04.1987 auf Vornahme bestimmter...