Leitsatz (amtlich)
Zur Anfechtung der stiftungsaufsichtlichen Aufhebung einer Stiftung durch den Vorstand der Stiftung, dessen Aufgaben von einem bestandskräftig bestellten Sachwalter wahrgenommen werden.
Normenkette
BGB § 87; StiftG NW § 13 Abs. 1, § 23
Verfahrensgang
VG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 15 K 4741/91) |
Tatbestand
Der Sohn der Stifterin, Herr H., ist alleiniger satzungsgemäßer Vorstand der S-Familienstiftung. Die beklagte Bezirksregierung als Stiftungsaufsichtsbehörde bestellte durch bestandskräftige Verfügung vom 25.2.1988 wegen der erheblichen finanziellen Schwierigkeiten der S-Stiftung den Wirtschaftsprüfer L. zum Sachwalter der S-Stiftung und beauftragte ihn mit der „Wahrnehmung aller Aufgaben als Stiftungsvorstand im Sinne von § 86 i.V.m. §§ 26, 27 (3), 28 – 31, 42 BGB”.
Die Beklagte hob die Stiftung mit an die Stiftung zu Händen des Sachwalters gerichteten Verfügung vom 23.8.1990 auf, traf zugunsten der Erben eine Regelung über das Stiftungsvermögen und setzte den Sachwalter L. als Liquidator ein. Der satzungsgemäße Vorstand, Herr H., erhob gegen die Aufhebung namens der Stiftung erfolglos Widerspruch. Das VG wies die Klage als unzulässig ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bereits unzulässig. Zur Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Betrachtung.
Der Vorstand der S-Stiftung, Herr H., ist zur Vertretung der Stiftung gemäß §§ 86 Satz 1, 26 Abs. 2 BGB, § 8 Nr. 1 der Stiftungssatzung im vorliegenden – die Aufhebung und Liquidation der Stiftung betreffenden – Verfahren rechtlich nicht befugt. Zwar ist der Vorgenannte aufgrund der durch Bescheid der Beklagten vom 25.2.1988 erfolgten bestandskräftigen Bestellung eines Sachwalters seiner Organstellung als Stiftungsvorstand nicht enthoben worden. Die stiftungsaufsichtliche Maßnahme hat jedoch bewirkt, daß seine Organwalteraufgaben ruhen (vgl. dazu auch § 16 Satz 2 SaarlStiftG, § 14 Satz 2 letzter Halbsatz Sch-HStiftG) mit der Folge, daß er die Aufgaben des Stiftungsvorstandes nicht (mehr) wahrnehmen darf.
Vgl. auch BGH, Urteil vom 1,4.10.1993
– III ZR 157/91 –, NJW 1994, 184 f.;
Senatsurteil vom 14.11.1994 – 25 A
1134/92 –, NWVBl. 1995, 266 zur Suspendierung eines Organwalters.
Nach dem Bescheid der Beklagten vom 25.2.1988 ist der Wirtschaftsprüfer L. zum Sachwalter der S-Stiftung bestellt und in vollem Umfang mit den Aufgaben des Vorstandes der Stiftung betraut worden. Denn die „Beauftragung” erstreckt sich auf die „Wahrnehmung aller Aufgaben als Stiftungsvorstand im Sinne von § 86 i.V.m. §§ 26, 27 (3), 28 – 31, 42 BGB”. Dazu gehört nach § 26 Abs. 2 BGB, § 8 Nr. 1 Satz 1 der Stiftungssatzung die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Stiftung, so daß Herr H. nicht befugt ist, in Vertretung– der Stiftung die streitbefangene Aufhebungsverfügung einschließlich der Bestellung des Sachwalters zum Liquidator anzugreifen.
Die Auffassung, wonach dem satzungsgemäßen Vorstand vor dem Hintergrund der der Stiftungsaufsichtsbehörde allein zustehenden Rechtsaufsicht (§ 17 Abs. 1 StiftG NW) neben dem Sachwalter ein, Handlungsspielraum als, Stiftungsvorstand zur Erreichung des Stiftungszwecks zustehen müßte, spricht zwar die möglicherweise klärungsbedürftige Frage an, ob eine umfassende und zeitlich unbegrenzte Sachwalterbestellung, wie sie hier erfolgt ist, zulässig ist. Sie läßt aber die Besonderheit des vorliegenden Einzelfalles außer acht, wonach wegen der mit Legitimationswirkung versehenen Bestandskraft der umfassenden Sachwalterbestellung für einen zusätzlichen Spielraum des (bisherigen) Stiftungsvorstandes für die Wahrung organschaftlicher Funktionen von vornherein kein Raum ist.
Die Bestellung des Sachwalters ist für die Beteiligten verbindlich und bewirkt, daß sie von dieser Rechtslage bei ihrem zukünftigen Verhalten auszugehen haben. Sie ist nicht nichtig,
vgl. Urteil des OLG Hamm vom 4.10.1993
– 8 U 124/93 –,
insbesondere leidet sie wegen ihres Umfanges und fehlenden zeitlichen Beschränkung nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist (vgl. § 44 Abs. 1 VwVfG NW). Besonders schwerwiegend in diesem Sinne sind nur solche Rechtsfehler, die deshalb mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein können, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprechen.
BVerwG, Urteil vom 26.9.1991 – 4 C
36.88–, Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 8.
Davon kann bei der (zunächst) zeitlich unbegrenzten und sämtliche Funktionen eines Stiftungsorgans betreffenden Bestellung des Sachwalters keine Rede sein. Abgesehen davon, daß der Stiftungsaufsichtsbehörde bei der Bestimmung des Umfangs der Stiftungsaufsichtsmaßnahme nach § 23 StiftG NW aufgrund des eingeräumten Ermessens ein Handlungsspielraum zusteht, dem aus der Natur der Sache heraus Flexibilität innewohnt und der einer generalisierenden Be...