Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstellung des Erwerbers eines vermieteten Grundstücks hinsichtlich des sicherungsübereigneten Inventars des Mieters
Leitsatz (redaktionell)
Tritt der Erwerber eines Hausgrundstücks in einen bestehenden Mietvertrag ein, so erwirbt er grundsätzlich neue Ansprüche gegen den Vermieter, und auch ein Vermieterpfandrecht entsteht neu. Dies hat zur Folge, dass ein solches einer zwischenzeitlich vorgenommenen Sicherungsübereignung von Inventar des Mieters nachrangig ist.
Normenkette
InsO § 50 Abs. 1; BGB § 566 Abs. 1, §§ 578, 930
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. November 2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
A.
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X GmbH, fortan Schuldnerin. Die Klägerin nimmt ihn mit dem Vorwurf der Verletzung ihres Absonderungsrechts auf Schadenersatz in Anspruch, weil er einen Teil des Erlöses aus der Verwertung des Betriebsinventars der Schuldnerin mit 782.000 EUR an die Y-Bank als dessen Sicherungseigentümerin statt an sie als Gläubigerin eines Vermieterpfandrechts auszahlte.
Das Landgericht hat die Klage mit im Wesentlichen der Begründung abgewiesen, dem Beklagten sei eine Pflichtverletzung nicht vorzuwerfen. Er habe nach ausreichend vorgenommener Prüfung jedenfalls nicht schuldhaft von der Erstreckung eines durch die frühere Vermieterin, die B GmbH & Co KG, gegenüber der Y-Bank erklärten Rangrücktritts auf die Rechtsstellung der in das Mietverhältnis eingetretenen Klägerin ausgehen dürfen.
Wegen des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Entscheidungsgründe Bezug genommen. Die Abweisung des Teilanspruchs auf Zahlung von 25.000 EUR für Mietnebenkosten ist nicht Gegenstand der Berufung.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren – reduziert um vorerwähnte 25.000 EUR und die darauf entfallenden Zinsen – weiter.
Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und behauptet die Höhe des im Zeitpunkt ihrer Kündigung rückständigen Mietzinses mit mindestens 2.397.667,24 EUR und fällige Renovierungskosten von noch 1.676.672,76 EUR. Jedenfalls hierfür macht sie weiterhin ein Vermieterpfandrecht geltend, dass der Beklagte als dem Sicherungseigentum der Y-Bank vorrangig zu beachten gehabt habe.
Die Klägerin hält am Bestreiten sowohl der Unterzeichnung wie auch der rechtzeitigen Annahme des Verzichtsangebots der B vom 28.9.2006 (nachfolgend: Verzichtsvereinbarung) durch Vertreter der späteren Insolvenzschuldnerin sowie der Y-Bank fest.Selbst bei wirksamem Zustandekommen der Verzichtsvereinbarung unter dem 28.9./6.10.2006 sei sie, die Klägerin, daran nicht gebunden. Sie habe ein eigenes, von dem der B unabhängiges Vermieterpfandrecht erworben, für das die Verzichtsvereinbarung für sie als Erwerber der Mietsache keine Bindungswirkung gemäß § 566 BGB entfalte. Diese Vereinbarung stehe nicht in unlösbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag, sondern sei nur aus dessen Anlass einen Monat später als unselbstständige Regelung geschlossen.
Der Sicherungsübereignungsvertrag vom 30.8.2006 zwischen der Schuldnerin und der Y-Bank habe Letzterer nicht zeitlich vorrangig vom Vermieterpfandrecht unbelastetes Eigentum verschafft, weil die Sicherungsgeberin selbst das Eigentum an dem Inventar selbst erst mit Wirkung zum 1.9.2006 von dem Insolvenzverwalter der Verkäuferin, der W GmbH, übertragen erhalten habe. Die Schuldnerin habe bis dahin auch kein Anwartschaftsrecht daran gehabt, das sie der Y-Bank hätte übertragen können. Dass auch die Beteiligten von dem grundsätzlichen Vorrang des Vermieterpfandrechts ausgegangen sind, zeige sich in dem Abschluss der Verzichtsvereinbarung.
Unrichtig verneine das landgerichtliche Urteil ein Verschulden des Beklagten an der Verletzung ihres Absonderungsrechts. Der Beklagte sei als Insolvenzverwalter verpflichtet gewesen, Absonderungsrechte schon von sich aus zu prüfen und zu beachten. Zusätzlich habe sie, die Klägerin, mit Schreiben vom 7.5.2008 den Beklagten auf ihr Absonderungsrecht hingewiesen und dessen Vorrang gegenüber der Y-Bank geltend gemacht. Nach darauf folgender Übersendung von Kopien der Sicherungsübereignungsverträge durch den Beklagten habe sie, die Klägerin, mit Schreiben vom 11.6.2008 weitere Einwände dagegen erhoben. Bis dahin hätte der Beklagte nicht durch die Auszahlung des Ve...