Normenkette

InsO § 60 Abs. 1, § 60a; BGB § 278; ZPO §§ 825, 825 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 04.04.2008; Aktenzeichen 1 O 103/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. April 2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A.

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B GmbH & Co. KG. Die Klägerin verlangt von ihm in seiner Eigenschaft als Verwalteter der Insolvenzmasse Schadenersatz wegen schuldhafter Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten.

Der Klägerin standen im Insolvenzverfahren Absonderungsrechte an einem Autokran zu. Der Beklagte beauftragte das P GmbH & Co. KG mit der Versteigerung des Krans, was diesem zu einem Veräußerungspreis von 77.720 EUR gelang. Der Inhaber des Auktionshauses, Herr P2, nahm den Versteigerungserlös ein und veruntreute ihn.

Die Klägerin meint, in der Beauftragung des nicht gegen Vertrauensschäden versicherten Auktionators sowie in der Übertragung der Geldeinziehungsbefugnis an ihn läge eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten. Eine weitere Pflichtverletzung liege darin, dass der Beklagte anschließend keine Ersatzansprüche gegen Rechtsanwalt T verfolgt habe, auf dessen Anderkonto sich der Versteigerungserlös befunden habe, und der seine Treuhandpflichten gegenüber dem Beklagten verletzt habe, indem er den Geldbetrag nicht an ihn als Erlösberechtigten, sondern auf Weisung des P2 unmittelbar an diesen ausgezahlt habe.

Nach fiktivem Abzug der Versteigerungs-, Feststellungs- und Verwertungskosten von dem erzielten Versteigerungserlös hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 53.305,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 30.09.2003 zu zahlen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, während die Beklagte das landgerichtliche Urteil verteidigt. Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadenersatz wegen einer vom Beklagten begangenen insolvenzspezifischen Pflichtverletzung (§ 60 Abs. 1 InsO), für den grundsätzlich auch die vom Insolvenzverwalter verwaltete Masse haftete, nicht zu.

Eine Pflichtverletzung des Beklagten kann nicht festgestellt werden.

I.

Der Beklagte durfte die Durchführung der Versteigerung des Krans auf den Auktionator übertragen, da diese Tätigkeit nicht aus dem vom Insolvenzverwalter höchstpersönlich zu erledigenden Pflichtenkreis entstammt, für den eine Delegation unzulässig wäre.

Der Insolvenzverwalter darf eine Sache, die er im Besitz hat, freihändig verwerten (§ 166 Abs. 1 InsO). Zu den möglichen Verwertungsarten gehört auch die durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehene Versteigerung durch eine andere Person (§ 825 Abs. 2 ZPO), freilich ohne dass es hier einer besonderen - für das Einzelzwangsvollstreckungsverfahren vorgesehenen - Gestattung durch ein Gericht bedarf (vgl. Uhlenbruck, InsO, § 166 Rdnr. 10).

Mit dem Versteigerungsauftrag ist grundsätzlich auch die Einziehung des Versteigerungserlöses auf den Auktionator zu übertragen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, § 825 Rdnr. 24).

II.

Der Beklagte haftet auch nicht für fremdes Verschulden des Auktionators oder des Rechtsanwalts T gemäß §§ 60 Abs. 1 InsO, 278 BGB. Denn wenn ein Insolvenzverwalter sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Selbständiger bedient, beschränkt sich seine Haftung auf Auswahlverschulden. Diese vom Bundesgerichtshof für Steuerberater entwickelte Rechtsprechgung (BGHZ 74, 316, 320) gilt grundsätzlich auch für die Beauftragung von Rechtsanwälten und Auktionatoren.

Ein Auswahlverschulden läge aber nur vor, wenn im Vorhinein bereits Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrags durch den Selbstständigen bestanden oder bestehen mussten. Dafür ist nichts vorgetragen.

III.

Der Beklagte musste auch nicht das Veruntreuungsrisiko begrenzen. Insbesondere ist ein Insolvenzverwalter nicht gehalten, generell nur solche Auktionatoren auswählen, deren Tätigkeit über eine Vertrauensschadensversicherung abgesichert ist. Einer solchen Absicherung bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn es sich bei dem Auktionator - wie hier - im Zeitpunkt der Beauftragung um ein anerkanntes, eingesessenes Unternehmen mit gutem Ruf handelt.

1.

Dieses lässt sich zum einen daraus folgern, dass nicht einmal für den Insolvenzverwalter selbst eine Pflicht zum Abschluss e...

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