Leitsatz (amtlich)
1. Eine Änderung des Ablaufs des wild abfließenden Wassers ist nicht rechtswidrig, wenn sie auf einer veränderten wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks beruht (§ 115 Abs. 1 S. 2 Landeswassergesetz NRW).
2. Eine veränderte wirtschaftliche Nutzung i.S.v. § 115 Abs. 1 S. 2 Landeswassergesetz NRW liegt auch vor, wenn der Grundstückseigentümer das Grundstück zur Lagerung von Bodenaushub nutzt.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 19.09.2011; Aktenzeichen 3 O 168/11) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 19.9.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger machen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche nach zwei Hochwasserereignissen geltend, bei denen ihr Grundstück U-Straße 31 in F durch von dem höher gelegenen Grundstück der beklagten Stadt abfließendes Wasser überflutet wurde.
Zu dem ersten Hochwasserereignis kam es am 3.7.2009. Zu dem zweiten Hochwasserereignis kam es ein Jahr später am 3.7.2010. Nach diverser Korrespondenz mit der Beklagten fand am 9.7.2010 ein Ortstermin der Kläger mit dem Förster C statt, der die Örtlichkeiten in Augenschein nahm. Daraufhin führte die Beklagte bzw. eine stadteigene Gesellschaft am 10.7.2010 Arbeiten auf dem Grundstück der Beklagten durch. Hierdurch wurde insbesondere ein vorhandener Sickerschacht freigelegt, der verstopft war. Zudem ist auf dem Grundstück der Beklagten ein weiterer Sickerschacht vorhanden, der mit dem anderen Schacht durch ein Drainagerohr verbunden ist. In die Sickerschächte leiteten auch die Kläger ihr Regenwasser von einer Gartenlaube ab, wobei die Parteien über den Zeitraum der Einleitung streiten. Am 14.7.2010 wurden Arbeiten an einem auf dem Grundstück der Beklagten liegenden Weg durchgeführt.
Nach diverser außergerichtlicher Korrespondenz lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 4.3.2011 eine Haftung dem Grunde nach ab.
Die Kläger haben behauptet, zu den Überflutungen ihres Grundstückes sei es gekommen, weil die Beklagte keine ausreichenden Abwehrmaßnahmen ergriffen habe. Sie habe vorhandene Einrichtungen nicht ausreichend gewartet und repariert. Die Umlenkrinnen an dem Weg seien ebenso wie die Sickerschächte bereits vor den Niederschlagsereignissen verstopft gewesen. Eine Einleitung von Regenwasser in einen der Sickerschächte durch sie, die Kläger, sei nur während der Dauer der Errichtung einer Schutzmauer während eines Zeitraumes von 4-6 Wochen erfolgt. Anschließend sei die Entwässerung wieder über ihr Grundstück erfolgt. Zudem sei der gesamte Bereich der Sickerschächte mit Pflanzen überwuchert gewesen, der Weg sei aufgespült gewesen. Die Beklagte habe das Grundstück, von dem das Wasser abgeflossen sei, vor einigen Jahren künstlich mit Bauschutt aufgeschüttet. Durch die Hochwasserereignisse seien ihnen folgende Schäden entstanden:
1. Schaden 2009
a) 1.867 EUR Selbstbeteiligung Gebäudeversicherung
b) 5.655 EUR Schäden am Hausrat
2. Schaden 2010
a) 2.057 EUR Selbstbeteiligung Gebäudeversicherung
b) 5.825 EUR Schäden am Hausrat
c) 961,28 EUR Urlaub für 4 Tage Handwerkerbeaufsichtigung
Wegen der Einzelheiten der behaupteten Schäden wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Kläger als Gesamtschuldner 16.101,40 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszins von 7.522 EUR seit dem 3.7.2009 und von 8.579,40 EUR seit dem 9.7.2010 zu zahlen;
2. es zu unterlassen, Wasser von ihrem an das Grundstück der Kläger angrenzenden Grundstück U-Straße 31 in F abzuleiten;
3. die Kläger von der Zahlung außergerichtlich entstandener Anwaltsgebühren i.H.v. 961,28 EUR freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, bei ihrem Grundstück handle es sich um eine Forstfläche, die nach einem Forstbetriebsplan gepflegt werde. Insbesondere werde der Unterwuchs auf der nicht versiegelten Fläche alle 2 bis 3 Jahre mit einem Schlegelmäher abgemäht. Aufschüttungen seien nicht durch sie erfolgt, vielmehr hätten Unbekannte gelegentlich Bauschutt abgekippt. Sie hat die Rechtsmeinung vertreten, wegen dieser Beschaffenheit der Fläche nicht verpflichtet zu sein, hinsichtlich des abfließenden Wassers Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die tatsächlich getroffenen Maßnahmen seien überobligatorisch. Insoweit hat die Beklagte behauptet, die beiden Sickerschächte seien nicht nur untereinander verbunden, sondern würden zusätzlich in das Abwassersystem der Stadt entwässern. Sie seien vor den Schadensereignissen voll funktionstüchtig gewesen, die Verstopfungen seien durch das Schadensere...