Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung und Zurückverweisung bei unzulässigem Teilurteil
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Beklagte der von der Klägerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch genommen wird, eine gegenläufige Stufenklage anhängig, darf das Gericht über den Zahlungsantrag der Klägerin grundsätzlich erst entscheiden, wenn es zuvor über die vorgreiflichen Stufen der Widerklage entschieden hat.
2. Entscheidet das Gericht gleichwohl über den Zahlungsantrag der Klägerin, ohne die Stufenwiderklage des Beklagten zu berücksichtigen, handelt es sich um ein unzulässiges Teilurteil, das gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO eine Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigen kann.
Normenkette
ZPO §§ 254, 260, 538 Abs. 2 Nr. 7
Verfahrensgang
AG Steinfurt (Urteil vom 07.10.2009; Aktenzeichen 30 F 65/07) |
Tenor
Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 7.10.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Steinfurt einschließlich des zu-grundeliegenden Verfahrens aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des vorliegenden Berufungsverfahrens - an das AG zurückverwiesen.
Gerichtskosten für die Berufungsinstanz werden nicht erhoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der am 30.6.1958 geborene Kläger und die am 9.7.1959 geborene Beklagte haben am 16.4.1984 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind die beiden Kinder G, geboren am 25. 06.1986, sowie F, geboren am 15.08.1989, hervorgegangen. Der Kläger führt als selbständiger Kaufmann ein italienisches Restaurant und ist Miteigentümer einer Weinhandlung. Mit notariellem Vertrag vom 18.03.1985 schlossen die Parteien den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung, wobei sie ausdrücklich einen Ausgleich des Zugewinns ausschlossen. Mit weiterem notariellen Vertrag vom 27.07.1992 modifizierten die Parteien diesen Ehevertrag - wobei es allerdings grundsätzlich bei der Gütertrennung verbleiben sollte - und vereinbarten nunmehr zusätzlich, dass das gesamte Privatvermögen einschließlich des Grundbesitzes I-Straße 33 in T nebst Inventar zum Vermögen der Ehefrau gehören solle. Demgegenüber solle sämtliches übriges Vermögen, insbesondere das Grundstück F-Straße 27 nebst dem in dem Gebäude betriebenen Restaurant "O" sowie sämtliche Beteiligungen an weiteren Gaststätten und Imbissbetrieben ausschließlich im Eigentum des Ehemannes stehen. Für den Fall der rechtskräftigen Scheidung sollte jedoch sowohl das im Alleineigentum der Ehefrau stehende Privatvermögen als auch das vom Ehemann gehaltene Geschäftsvermögen an dem Grundbesitz F-Straße 27 und an dem in diesem Gebäude betriebenen Restaurant wertmäßig zwischen den Eheleuten nach den Grundsätzen des Zugewinnausgleiches geteilt werden. Darüber hinausgehende Vermögenswerte, z.B. die Beteiligung des Ehemannes an weiteren Gaststätten und Imbissbetrieben, sowie Vermögen des Ehemannes in Italien, sollte allerdings auch für den Fall der Scheidung der Ehe weiterhin der Gütertrennung unterliegen, das heißt nicht unter Zugewinnausgleichsgesichtspunkten aufgeteilt werden.
Die Trennung der Parteien erfolgte im Oktober 2003, ihre Ehe wurde durch Urteil des AG Steinfurt vom 1.3.2006, rechtskräftig seit diesem Datum, geschieden.
Im Jahr 2007 erhob der Kläger die vorliegende Zugewinnausgleichsklage in Form der Stufenklage. Mit Schriftsatz vom 4.5.2007 beantragte die Beklagte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine von ihr in diesem Verfahren anhängig gemachte Widerklage, mit der sie im Wege der Stufenklage Auskunft über den Bestand des Endvermögens des Beklagten und dessen Verurteilung zur Zahlung eines nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Zugewinnausgleichsbetrages an sie begehrte. Das AG bewilligte Prozesskostenhilfe - allerdings beschränkt zunächst auf den Auskunftsantrag innerhalb dieses Stufenbegehrens -, woraufhin die beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes der Beklagten vom 4.5.2007 mit den Klageanträgen zur Stufenklage am 15.6.2007 förmlich an den Kläger zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 31.3.2008 bezifferte der Kläger schließlich seinen Zugewinnausgleichsantrag mit 250.000 EUR. Mit Schriftsatz vom 7.10.2008 ermäßigte der Kläger seinen Zahlungsanspruch mit näherem Vortrag auf nunmehr 190.772,62 EUR. In einem auf den 8.2.2009 anberaumten Verhandlungstermin verhandelte der Kläger mit diesem Zahlungsantrag, wohingegen die Beklagte lediglich mit dem Antrag auf Abweisung der Klage verhandelte. Im Anschluss hieran beauftragte das Gericht die Sachverständige T2 mit der Ermittlung des Wertes der beiderseitigen Grundbesitzungen. Diese ermittelte in ihrem Wertgutachten vom 16.6.2009 den Verkehrswert des bebauten Gaststätten- und Wohngrundstückes "Italienisches Restaurant O" zum Stichtag 28. 07.2005 auf 359.000 EUR einschließlich der zum Bewertungsstichtag vorhandenen Betriebsgegenstände beziehungsweise Einrichtungen, wobei die Einrichtungsgegenstände im Restaurant und die Küche ausdrücklich nicht in die Bewertung einb...