Leitsatz (amtlich)

1. Zahlt der Unfallversicherer die Invaliditätssumme auf ein ihm von VN und Versicherten mitgeteiltes Konto des Versicherten, tritt Erfüllung auch dann ein, wenn das Konto bei Zahlung bereits aufgelöst war, die Bank der Versicherten die Summe aber gutbringt. Dies gilt auch dann, wenn die Bank den Zahlbetrag später mit eigenen Forderungen ggü. der Versicherten verrechnet.

2. Die Mitteilung des Versicherten, dass ein anderer Anspruch aus der Versicherung auf ein anderes Konto zu zahlen sei, begründet keinen Widerruf der Zahlstelle für die Invaliditätsentschädigung.

 

Normenkette

AUB-94 § 7; BGB § 362

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 02.12.2005; Aktenzeichen 3 O 420/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2.12.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist mitversicherte Person einer von ihrem Ehemann bei der Beklagten genommenen Unfallversicherung. Dieser liegen die AUB 94 der Beklagten zugrunde, auf welche Bezug genommen wird (Bl. 96 ff. d.A.). Aufgrund eines Unfalls der Klägerin ist ein Invaliditätsanspruch i.H.v. 21.420 EUR entstanden. Die Parteien streiten darüber, ob der Anspruch durch eine im Februar 2004 vorgenommene Banküberweisung erfüllt ist und, wenn nicht, ob der Beklagte wegen der Überweisung Gegenrechte gegen die Beklagte zustehen.

Dem liegt im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:

In der auf einem Formular der Beklagten erstatteten Schadenanzeige vom 19.4.2003, auf welche Bezug genommen wird (Bl. 20 ff.), gaben die Klägerin und ihr Ehemann an, dass die Entschädigung an die Klägerin überwiesen werden solle, und zwar auf deren mit Kontonummer benanntes Girokonto bei der Sparkasse Bielefeld. Zudem erklärte der Ehemann der Klägerin - auf die entsprechende Formularfrage -, dass er mit der Auszahlung an die Versicherte (also die Klägerin) einverstanden sei. Das Formular ist sowohl von der Klägerin als auch von ihrem Ehemann unterzeichnet.

Im September 2003 wurde dieses Konto auf Betreiben der Klägerin aufgelöst.

Mit Fax-Schreiben vom 7.10.2003, auf welches ebenfalls Bezug genommen wird (Anlage K 3), übersandte die Klägerin der Beklagten eine Auflistung von Behandlungs- und Arzneikosten und bat um Erstattung. Sie erklärte, dass die Beklagte für diese Kosten aufkommen müsse. Sodann heißt es in dem - allein von der Klägerin unterzeichneten - Schreiben "Meine neue Bankverbindung:" und es folgt die Benennung eines Kontos der Klägerin bei der Volksbank Bielefeld.

Ein Mitarbeiter der Beklagten rief noch am selben oder am folgenden Tag in der Wohnung der Klägerin an. Er erreichte dort deren Ehemann und erklärte diesem, dass nach den vereinbarten Bedingungen ein Anspruch auf Ersatz von Behandlungs- und Arzneikosten von vornherein nicht bestehe. Der Ehemann der Klägerin akzeptierte dies und informierte seine Ehefrau.

Im Februar 2004 erkannte die Beklagte den Invaliditätsanspruch an und überwies zugleich den Betrag von 21.420 EUR an die Sparkasse B unter Angabe des (früheren) Girokontos der Klägerin.

Die Sparkasse teilte der Klägerin unter dem 8.3.2004 mit, dass der Betrag dem aufgelösten Konto durch die Beklagte "gutgebracht" worden sei und dass sie diesen mit fälligen Darlehensforderungen verrechnet habe.

Eine Rücküberweisung an die Beklagte lehnte die Sparkasse ab.

Die Sparkasse machte dann ihre Darlehensforderungen gegen die (hiesige) Klägerin in einem Rechtsstreit vor dem LG B geltend (3 O 275/04). Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Überweisung der Beklagten erklärte sie den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 28.4.2005 in der Hauptsache für erledigt und teilte mit, den Überweisungsbetrag am 25.2.2004 der Klägerin gutgebracht zu haben. Die (hiesige) Klägerin erklärte, die "Verrechnung" könne nicht als ihre Leistung auf die Darlehensschuld angesehen werde; es fehle an einer - durch die Sparkasse - aufrechenbaren Forderung. Sie widersprach der Erledigungserklärung. Das LG stellte in seinem - rechtskräftigen - Urteil fest, dass in Höhe des Betrages von 21.420 EUR Erledigung eingetreten sei. Zur Begründung führte es aus, dass insoweit der Darlehensanspruch durch "Verrechnung" erloschen sei; Aufrechnungsverbote seien nicht ersichtlich.

Über das Vermögen des Ehemanns der Klägerin war zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Insolvenzverwalter hat aber den Invaliditätsanspruch freigegeben und an die Klägerin abgetreten.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Zahlung der Invaliditätsentschädigung - nebst Zinsen - an sich begehrt. Die Überweisung an die Sparkasse habe nicht zur Erfüllung geführt. Sie, die Klägerin, sei auch nicht etwa "durch Leistung" der B...

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