Leitsatz (amtlich)
1. Isolierungsarbeiten an Gebäuden gehören zu den gewichtigen Ausführungsarbeiten, die einer besonderen Aufsicht durch den bauleitenden Architekten bedürfen. Eine ordnungsgemäß funktionierende Wärmedämmung ist wirtschaftlich und in zunehmendem Maße auch für die Werthaltigkeit von Wohnraum von ausschlaggebender Bedeutung. Der Architekt muss deshalb auf ihre Ausführung sein besonderes Augenmerk richten und mehr als eine stichprobenartige Kontrolle sicherstellen.
2. Die Kelleraußentreppe eines Gebäudes muss als selbständiger Bauteil den Regeln der Technik entsprechen. Der Bauherr kann ihre mangelfreie Erstellung verlangen, auch wenn eine vorhandene Carportkonstruktion ein Eindringen von Regenwasser derzeit verhindert.
3. Der wegen Bauwerksmängeln in Anspruch genommene Architekt ist zur Überwachung der Beseitigung von Baumängeln berechtigt und verpflichtet, wenn ihn der Bauherr mit der Objektbetreuung (Leistungsphase 9 gem. § 15 HOAI a.F.) beauftragt hat. Den Ersatz von Regiekosten kann der Bauherr in diesem Falle nicht verlangen, wenn der Architekt zur Vertragserfüllung berechtigt und dazu auch bereit und in der Lage ist.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, §§ 633, 631
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 06.06.2012; Aktenzeichen I-2 O 250/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 6.6.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.882,06 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.049,56 EUR seit dem 1.5.2009 und aus 4.832,50 EUR seit dem 22.7.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 962,71 EUR zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der Beseitigung der Mängel die darauf entfallende Mehrwertsteuer an die Klägerin zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung und die weiter gehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 59 % und die Beklagte 41 %. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 79 % und die Beklagte 21 %.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens - LG Arnsberg, 2 OH 16/06 - tragen die Klägerin zu 76 % und die Beklagte zu 24 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert erster Instanz wird auf 33.206,18 EUR (Zahlungsantrag und 4.381,37 EUR Feststellungsantrag) festgesetzt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.480,95 EUR (20.143,75 EUR Berufung und 2.337,20 EUR Anschlussberufung) festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt ein Ingenieur- und Architekturbüro. Am 6.12.2003 schlossen die Parteien einen schriftlichen Vertrag über Ingenieur- und Architektenleistungen für das Bauvorhaben "Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage und Carport in M, I-Straße" der Klägerin. Der Vertrag umfasste die Architektenleistungen nach den Leistungsphasen 1-9 gem. § 15 HOAI a.F., die mit 81,50 % bewertet waren.
Mit dem Rohbau wurde die Firma C GmbH beauftragt. Der Vertrag sah eine pauschale Vergütung i.H.v. 109.266,20 EUR vor.
Das Bauvorhaben wurde sodann ausgeführt. Kurz vor Fertigstellung des Gebäudes geriet das Rohbauunternehmen in die Insolvenz. Zu dem Zeitpunkt waren der Klägerin Abschläge i.H.v. 114.092,45 EUR berechnet worden. Hierauf hatte die Klägerin insgesamt 101.456,46 EUR gezahlt und den Restbetrag von 7.809,74 EUR bis zur Höhe der Pauschalvergütung einbehalten.
Im Mai 2005 beauftragte die Klägerin den Bausachverständigen K mit der Durchführung einer Bauzustandskontrolle. Dieser kam unter dem 6.2.2006 zum Ergebnis erheblicher Baumängel. Hierauf leitete die Klägerin mit Antragsschrift vom 29.6.2006 ein selbständiges Beweisverfahren beim LG Arnsberg (Az.: 2 OH 16/06) ein. In dem Verfahren wurden ein schriftliches Hauptgutachten des Architekten N vom 23.8.2007 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 6.5.2008 eingeholt. Ferner wurde der Sachverständige im Termin am 21.1.2009 mündlich angehört.
Im Anschluss an das im April 2009 beendete selbständige Beweisverfahren nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagte auf Schadensersatz aus dem Ingenieur- und Architektenvertrag in Anspruch.
Zur Klagebegründung hat sich die Klägerin auf die gutachterlichen Feststellungen im selbständigen Beweisverfahren gestützt. Den hiernach erforderlichen Kostenaufwand für die Behebung im einzelnen dargelegter Baumängel hat sie unter Einschluss von 10 % Regiekosten mit 28.824,81 EUR beziffert. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte in diesem Umfang wegen Planungs- und Überwachungsverschuldens auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten hafte und entstandene vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten habe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 28.824,81 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.5.2009 zu zahlen,
2. festzuste...