Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 12.11.2015; Aktenzeichen 2 O 323/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.11.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.119,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2012 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von einer Vergütungsforderung der Rechtsanwälte M und Partner in Höhe von 115,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2012 freizustellen.
Die weiter gehende Klage der Klägerin bleibt abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 80 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die damals 47-jährige Klägerin beabsichtigte am Morgen des 19.06.2012 gegen 7:15 Uhr, in A als Fußgängerin die Z-Straße in Höhe der Hausnummer ... zu überqueren. Dabei führte sie ihren Hund an der Leine. Sie bemerkte nicht, dass sich von ihr aus gesehen rechts auf der Z-Straße ein Kraftrad der Marke X in Fahrtrichtung BAB ... näherte, welches von der Beklagten 1) (zugleich Halterin) geführt wurde und bei der Beklagten 2) haftpflichtversichert war. Noch bevor die Klägerin die gegenüberliegende Straßenseite erreichte, wurde sie von dem Kraftrad erfasst, auf die Fahrbahn geschleudert und nicht unerheblich verletzt. Sie wurde in der Zeit vom 19. bis zum 25.06.2012 stationär im Krankenhaus behandelt.
Die Klägerin erlitt infolge des Unfalls folgende Körperverletzungen, welche medikamentös behandelt wurden:
- Commotio cerebri (mit Kopfschmerzen und Übelkeit)
- Kopfplatzwunde
- Lagerungsschwindel (infolge der Gehirnerschütterung, mit Druckgefühl auf beiden Ohren)
- Beckenprellung
- Handgelenksprellung links
Mit dem Zahlungsantrag zu 1) macht die Klägerin folgende Schadenspositionen geltend:
Kosten des durch den Unfall getöteten Hundes: |
1.000 EUR |
Haushaltsführungsschaden (ein Monat): |
1.000 EUR |
Eigenbeteiligung für die Zeit der stationären Krankenhausbehandlung (7 Kalendertage zu je 10 EUR): |
70 EUR |
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte 1) habe den Unfall allein verschuldet. Sie hat behauptet, sie habe vor Überqueren der Straße zunächst ca. 1 - 2 Minuten am linken Fahrbahnrand gestanden und den Verkehr beobachtet. Sie sei erst losgegangen, als sie sicher gewesen sei, die Fahrbahn gefahrlos überqueren zu können. Zu diesem Zeitpunkt sei das Kraftrad der Beklagten 1) noch nicht sichtbar gewesen. Die Beklagte 1) sei 80 km/h schnell gefahren, und habe damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten. Außerdem habe sie ihre Geschwindigkeit nicht den Verkehrsverhältnissen angepasst. Dieser Verstoß wiege so stark, dass ein mögliches Mitverschulden der Klägerin dahinter zurücktrete.
Die Klägerin hat behauptet, durch den Unfall sei ihr Hund, ein Kurzhaar-Collie, derart schwer verletzt worden, dass er noch am gleichen Tag seinen Verletzungen erlegen sei. Der Hund habe - insbesondere aufgrund seiner guten Erziehung - zum Zeitpunkt des Unfalls einen Wert von 1.000 EUR besessen.
Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, es sei ein Schmerzensgeld von mindestens 3.500 EUR angemessen. In diesem Zusammenhang seien schmerzensgelderhöhend der bis August 2012 andauernde Lagerungsschwindel, mögliche Spätfolgen der Verletzungen und der unfallbedingte Verlust des geliebten Hundes zu berücksichtigen. Auch sei zu berücksichtigen, dass sie befürchtet habe, dass durch den Unfall ihre Vorerkrankung, ein Kurzdarm-Syndrom, wieder hervorgerufen werde. Darüber hinaus sei schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen, dass zwischenzeitlich die Tochter der Klägerin, die mittlerweile 18-jährige Y, aufgrund des Unfalls eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt habe, welche psychotherapeutischer Behandlung bedürfe. Diese posttraumatische Belastungsstörung der Tochter bedinge wiederum eine psychische Belastung der Klägerin.
Die Klägerin hat ferner behauptet, ihr sei infolge des Unfalls für die Dauer eines Monats ein Haushaltsführungsschaden entstanden, weil sie während des 7-tägigen stationären Klinikaufenthalts gänzlich und anschließend teilweise nicht in der Lage gewesen sei, den Haushalt zu führen. Zum Haushalt zählen - unstreitig - der Ehemann der Klägerin sowie die damals 13 und 15 Jahre alten Kinder. Die Familie bewohnt - unstreitig - ein Einfamilienhaus mit Garten. Im Rahmen der Haushaltsführung führt die Klägerin - unstreitig - die von ihr auf Bl. 6 der Akten aufgeführten Haushaltstätigkeiten aus.
Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Geltendmachung einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr sei angemessen, weil es sich bei dem Rechtsstreit um eine Angelegenheit mit überdurchschnittlich vielen Schadenspositionen und rechtlichen Problem...