Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehevertrag. Wirksamkeit eines anlässlich einer Ehekrise geschlossenen Ehevertrages mit Globalverzicht
Leitsatz (redaktionell)
Nach den Umständen des Einzelfalls kann ein während einer bestehenden Ehe anlässlich einer Ehekrise geschlossener Ehevertrag, durch welchen der Versorgungsausgleich und der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen, Gütertrennung vereinbart sowie wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet worden ist, wirksam sein und nicht der Vertragsanpassung unterliegen.
Normenkette
BGB §§ 1408, 138, 242
Verfahrensgang
AG Dortmund (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen 181 F 6195/03) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 28.7.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Antragsgegners wird festgestellt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin auch über 1.500,00 EUR monatlich hinaus ab Rechtskraft der Scheidung keinen Nachscheidungsunterhalt schuldet.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Die seit dem 17.12.2004 rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Die Parteien schlossen am 26.3.1975 – kurz nach der Geburt des am 5.12.1974 geborenen Sohnes O – die Ehe miteinander.
In der Folgezeit trennte sich die Antragstellerin mehrfach vom Antragsgegner, kehrte indessen immer wieder zu ihm zurück. Im Zuge einer solchen Versöhnung schlossen die Parteien am 27.8.1993 einen notariellen Ehevertrag, in dem der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart wurde. Zum Ausgleich des Zugewinns verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung eines Betrages von 20.000,00 DM, die in der Folgezeit auch geleistet wurde. Außerdem wurde gegenseitig auf Unterhalt verzichtet. Der Versorgungsgausgleich wurde für den Fall der Scheidung ausgeschlossen.
Seit Januar 2003 lebten die Ehegatten zunächst innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt; im Juli 2003 zog die Antragstellerin aus.
Der am 20.5.1954 geborene Antragsgegner ist Steuerberater und hat ein Büro in D. Er arbeitete zunächst als Angestellter und machte sich 1982 selbständig. Im Jahre 1987 schloss er für sich und die Antragstellerin bei der W Versicherung eine Kapitallebensversicherung ab. Ferner verfügt der Antragsgegner über zwei Risikolebensversicherungen bei der P. Er ist Eigentümer eines im Jahr 1992 erworbenen Einfamilienhauses, in dem die Parteien bis zum Auszug der Antragstellerin lebten. Im Jahre 2000 erwarb der Antragsgegner eine Eigentumswohnung.
Die Antragstellerin, geboren am 26.4.1957, absolvierte von 1982 bis 1985 in dem Unternehmen des Antragsgegners eine Ausbildung zur Steuerfachgehilfin. Nach bestandener Prüfung arbeitete sie im Steuerberatungsbüro des Antragsgegners zunächst gegen geringfügige Bezahlung. Seit Juli 2000 war sie versicherungspflichtig tätig. Eine zwischenzeitlich begonnene Weiterbildung zur Steuerberaterin wurde nach einer Erkrankung abgebrochen.
Die Antragsstellerin ist seit 1987 Eigentümerin einer Eigentumswohnung, in der sich das Steuerberaterbüro des Antragsgegners befindet. Neben der im Jahr 1987 abgeschlossenen Lebensversicherung bei der W Versicherung existiert noch eine für sie abgeschlossene betriebliche Lebensversicherung. Nach der Trennung arbeitete sie zunächst in einer Promotionfirma als Handelsvertreterin. Seit dem 3.2.2005 bezieht die Antragstellerin Arbeitslosengeld.
Im Rahmen des Scheidungsverbundes hat die Antragstellerin die Zahlung nachehelichen Unterhalts und die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Ehevertrag nichtig sei bzw. der Antragsgegner sich nicht auf den Ausschluss der Scheidungsfolgen berufen könne.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und die Anträge der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts sowie Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Ehevertrag sei wirksam und nicht im Sinne von § 138 BGB sittenwidrig. Eine einseitige Lastenverteilung könne nicht festgestellt werden. Der Vortrag der Antragstellerin zu den Umständen der Vertragsunterzeichnung seien widersprüchlich und nicht glaubhaft. Auch habe keine wirtschaftliche Abhängigkeit bestanden, da die Antragstellerin über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge. Der Betreuungsunterhalt sei von dem Vertrag nicht betroffen, da der gemeinsame Sohn bereits erwachsen war. Die Lebensplanung der Parteien sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, dass sich die Antragstellerin keine eigene Alterssicherung aufbauen könne.
Es sei dem Antragsgegner auch nicht verwehrt, sich auf den Ausschluss der Scheidungsfolgen zu berufen. Die Antragstellerin könne ihren Unterhaltsanspruch allein auf § 1573 Abs. 2 BGB stützen, der am wenigsten dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzurechnen sei. Da sie erwerbstätig sei, könne ...