Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz des Unterhaltsschadens nach dem durch den Unfallgegner verschuldeten Tod des Unterhaltspflichtigen
Leitsatz (amtlich)
1. Von einem Selbständigen bzw. dem Gesellschaftergeschäftsführer einer Einmann-GmbH aufgewendete Prämien für (Kapital)lebensversicherungen dienen sowohl der Eigen- bzw. Altersvorsorge als auch der Absicherung der Unterhaltsberechtigten. Diese Zahlungen sind damit zu einem Teil als Vermögensbildung anzusehen, zum anderen Teil als eine besondere Form des Unterhalts. Dies rechtfertigt, sie bei der Bemessung der Rentenhöhe nach § 844 Abs. 2 BGB zur Hälfte vom unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen abzuziehen (so auch OLG Zweibrücken VersR 1994, 613).
2. Bei der im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB vom unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen abzusetzende Tilgung des auf das Familieneigenheim aufgenommenen Darlehens kann gem. § 287 ZPO bei einem Annuitätendarlehen mit regulärer dreißigjähriger Laufzeit eine gleichmäßige Tilgung von 3,33 % pro Jahr angesetzt werden. Eine Berechnung des Tilgungsanteils jeder einzelnen Annuitätenrate ist demgegenüber aus Praktikablitätsgründen nicht geboten.
3. Die Entscheidung BGH VersR 1990, 317, wonach bei der im Rahmen der fixen Kosten abzusetzenden Wohnkosten auf eine gedachte Mietwohnung abzustellen ist, die hinsichtlich Lage, Zuschnitt und Bequemlichkeit den Wohnverhältnissen vor dem Unfalltod des Opfers entspricht, "falls diese nicht oberhalb des unterhaltsrechtlich geschuldeten Standards lagen", ist nicht so zu verstehen, dass die Hinterbliebenen zur Entlastung des Schädigers gehalten wären, zuvor vorhandene gehobene Wohnverhältnisse, wie sie etwa im Vorhalten eines Gästezimmers und eines zweiten Bades zum Ausdruck kommen, durch einen insgesamt einfacheren Wohnstandard - ohne die genannten Zimmer - zu ersetzen.
4. Nachhilfekosten sich nicht als fixe Kosten anzusehen. Insoweit handelt es sich um Sonderbedarf des Kindes, der nur das Verhältnis des Kindes zum Unterhaltpflichtigen betrifft. Nachhilfekosten sind nicht mit Kindergartenkosten vergleichbar, da letztere der Organisation des Tagesablaufs bzw. Familienlebens insgesamt dienen und damit der gesamten Familie zugute kommen.
5. a) Fiktive Versorgungsbezüge sind nicht im Wege der Vorteilsausgleichung zugunsten des Schädigers zu berücksichtigen. Eine betriebliche Versorgung ist wie der Arbeitslohn Gegenleistung für die erbrachte Arbeit (BGH VersR 1998, 1253). Diese erarbeitete Leistung dient nicht dem Zweck, den Schädiger zu entlasten.
b) Bei der nach § 844 Abs. 2 BGB vorzunehmenden Berechnung dürfen die Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers, der sich bei vom Arbeitgeber angebotener Alternative für eine Direktversicherung oder eine andere Art der betrieblichen Altersvorsorge entschieden hat, nicht schlechter gestellt werden als die Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers, der sich in vergleichbarer Situation für eine Gehaltserhöhung entschieden hat.
6. Einer Witwe ist es zuzumuten, zugunsten des Schädigers eine Tätigkeit im zuvor ausgeübten Rahmen wieder aufzunehmen, sobald die Notwendigkeit der Kinderbetreuung entfällt.
Normenkette
BGB § 844 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 25.05.2005; Aktenzeichen 1 O 520/02) |
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das am 25.5.2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Siegen abgeändert und so neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin zu 1) für den Zeitraum vom 13.2.2000 bis 30.6.2005 rückständige Geldrente von 2.110,38 EUR zu zahlen,
2. an die Klägerin zu 1) eine monatliche Geldrente jeweils vierteljährlich im Voraus zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines jeden Jahres wie folgt zu zahlen:
1.682,16 EUR seit dem 1.7.2005 bis zum 30.6.2007,
1.718,46 EUR seit dem 1.7.2007 bis zum 29.2.2008,
1.342,32 EUR seit dem 1.3.2008 bis zum 31.12.2014,
zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wie folgt:
aus 5.046,48 EUR seit dem 1.7.2005 bis zum 23.5.2006,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.10.2005 bis zum 23.5.2006,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.1.2006 bis zum 23.5.2006,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.4.2006 bis zum 23.5.2006,
aus weiteren 12.258,70 EUR seit dem 24.5.2006 bis zum 30.6.2006,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.7.2006 bis zum 7.2.2007,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.10.2006 bis zum 7.2.2007,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.1.2007 bis zum 7.2.2007,
aus weiteren 24.098,14 EUR seit dem 8.2.2007 bis zum 31.3.2007,
aus weiteren 5.046,48 EUR seit dem 1.4.2007 bis zum 9.9.2007,
aus weiteren 5.155,36 EUR seit dem 1.7.2007 bis zum 9.9.2007,
aus weiteren 31.461,58 EUR seit dem 10.9.2007 bis zum 30.9.2007,
aus weiteren 5.155,36 EUR seit dem 1.10.2007 bis zum 26.2.2008,
aus weiteren 4.779,24 EUR seit dem 1.1.2008 bis zum 26.2.2008,
aus weiteren 35.345,50 EUR seit dem 27.2.2008,
aus weiteren 4.026,96 EUR seit dem 1.4.2008
3. an die Klägerin zu 1) Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz wie folgt zu zahlen:
aus 2.45...