Leitsatz (amtlich)
Bei einem auf Zahlung gerichteten Anspruch ist die Zulässigkeit der Klage nicht von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abhängig.
Normenkette
GüSchlG NRW § 10; EGZPO § 15a
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 3 O 418/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.12.2010 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Dortmund einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat, zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist Eigentümerin des H-Straße in E, das an das Grundstück des Beklagten zu 1) I-Straße angrenzt. An der Grenze befindet sich auf dem Grundstück der Klägerin eine Stützmauer. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten zu 1) die Zahlung der Hälfte der Kosten gemäß Angebot Nr. 09-419 der T GmbH vom 6.11.2009 für die Neuerrichtung der Stützmauer, deren Beschädigung der Beklagte zu 1) verursacht haben soll, insgesamt 13.280 EUR. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Klage.
Wegen des Weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug (Bl. 67 ff. GA).
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des GüSchlG NW nicht gewahrt seien. Es handele sich vorliegend um eine Rechtsstreitigkeit nachbarrechtlicher Art, da die Parteien über Ansprüche betreffend eine gemeinsame Grenzmauer stritten. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) GüSchlG NW sei besondere Zulässigkeitsvoraussetzung die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens. Vorliegend greife auch nicht die Ausnahmeregelung von § 10 Ziff. 2 lit. e) letzter Halbsatz ein. Danach sei die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens entbehrlich, wenn es sich um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handele. Von dieser Regelung umfasst werden sollten ersichtlich ausschließlich solche Einwirkungen, die von den Besonderheiten der gewerblichen Tätigkeit, insbesondere Emissionsbeeinträchtigungen und vergleichbaren Einwirkungen ausgingen. Nicht ausgeschlossen werde das Schlichtungsverfahren für Fälle, in denen nicht eine spezifische gewerbliche Einwirkung Grundlage des Streits der Parteien bilde, sondern allein die jedem Nachbarschaftsverhältnis innewohnende Situation, in der die Parteien um die nachbarrechtliche Grenzbebauung und Verantwortlichkeit für Grenzeinrichtungen im weiteren Sinne streiten würden.
Mit der Berufung rügt die Klägerin, Gegenstand der Klage seien Ansprüche gem. §§ 1004, 823 BGB und keine der in § 10 GüSchlG NRW/§ 53 JustG NRW genannten Streitigkeiten.
Es handele sich vorliegend nicht um Ansprüche gem. § 906 BGB, da es nicht um eine Abwehr von unwägbaren Stoffen vom Grundstück des Beklagten zu 1) gehe, sondern um Schadensersatz für bereits eingetretene Schäden an der auf ihrem (der Klägerin) Grundstück stehenden Mauer sowie die Abwehr der noch drohenden Schäden. Gegenstand der Klage seien auch keine Ansprüche aus Überwuchs (§ 910 BGB), Überfall (§ 911 BGB) oder Ansprüche wegen eines Grenzbaumes (§ 923 BGB).
Schließlich gehe es auch nicht um im NachbG NRW geregelte Nachbarrechte. Es handele sich vorliegend nicht um eine Nachbarwand i.S.d. § 7 NachbG NRW, da die Stützmauer nicht als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung diene. Es liege auch keine Grenzwand i.S.d. § 19 NachbG NRW vor, da eine solche ganz auf dem Grundstück des Erbauers und unmittelbar an der Nachbargrenze stehe; im vorliegenden Fall befinde sich die Mauer aber zum Teil auf ihrem Grundstück und zum Teil auch auf dem Grundstück des Beklagten zu 1). Auch die Regelung des § 30 NachbG NRW sei vorliegend nicht anwendbar. Das Anfüllen von Erdreich an Gebäuden entlang, die an der Grenze zu einem Grundstück stehen, sei zulässig und stelle keine Bodenerhöhung i.S.d. § 30 NachbG dar. Aus dem ihr vorliegenden Lageplan gehe hervor, dass sich die Mauer auf ihrem Grundstück befinde und die Grundstücksgrenze der Beklagten zu 2) schneide; das Grundstück des Beklagten zu 1) werde durch die Mauer nicht begrenzt.
Die Auffassung des LG, dass auch der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 1e) GüSchlG nicht eingreife, überzeuge nicht. Es handele sich vorliegend um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb. Denn die Anschüttung der Mauer sei gerade zur Ermöglichung des Gewerbebetriebs auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) erfolgt. Das eingeholte Privatgutachten bestätige, dass die Beklagte zu 1) nach der Aufschüttung Gebäudeteile zur Lagerung und Produktion errichtet habe, wobei die hierdurch auftretenden Kräfte der Halle selbst und deren Verkehrsbelastung zu einem ständigen Druck auf die Mauer führten. Durch die Errichtung des Gewerbebetriebs bzw. die Hallen komme es zudem zu einer misslichen Entwässerun...