Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachmangel. stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Veräußert der Verkäufer ein Fahrzeug des Typs Daimler-Benz, auf dessen Heckklappe der Schriftzug "4-matic" angebracht ist, kann darin eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien zu sehen sein, dass das Fahrzeug mit einem Allradgetriebe ausgerüstet ist.

 

Normenkette

BGB § 434 Abs. S. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 02.03.2009; Aktenzeichen 3 O 426/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2. März 2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.337,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatzes seit dem 20. Dezember 2008 Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw N C2, Fahrgestellnummer ######, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet,

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger weitere 775,64 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.

Der Beklagte war Eigentümer eines im Jahr 2000 gebauten N-Kombi der E-Klasse. Das Fahrzeug hat ein Automatikgetriebe; es ist nicht mit einem Allradantrieb ausgestattet. Der Beklagte ließ die Heckklappe austauschen. Auf der ausgetauschten Heckklappe war der Schriftzug "5-N1" angebracht. Diese Bezeichnung benutzt der Hersteller E-C2 für allradgetriebene Fahrzeuge.

Der Beklagte wollte das Fahrzeug im Sommer 2008 veräußern. Er bot es - mit Hilfe seines Sohnes - über mehrere Internetportale zum Kauf an. Dort bezeichnete der Sohn des Beklagten den Wagen u.a. als "B-N2". Die Abkürzung weist nach Angaben des Beklagten auf ein Automatikgetriebe hin. Eine Fahrzeugreihe mit dieser Bezeichnung existiert bei E-C2 unstreitig nicht.

Die Tageszeitung "X B1 A" (X1) druckte am Samstag, den 5. April 2008 folgendes Inserat ab: "E 320 X2-5-N1-B2, EZ 2000 schw., Scheckh. gepflegt, Autom., Leder, Klima, ... 156 tkm.... [es folgt die Telefonnummer des Beklagten]". Dabei handelt es sich um das Fahrzeug des Beklagten. Unter den Parteien ist streitig, ob es der Beklagte war, der das Zeitungsinserat in Auftrag gegeben hat.

Der Kläger wurde über das Inserat in der X1 auf den Wagen aufmerksam. Er rief den Beklagten am Morgen des 5. April 2008 an, suchte ihn in Begleitung des Zeugen C noch an diesem Tag auf und besichtigte den Wagen. Im Berufungsrechtszug ist unstreitig geworden, dass der Kläger wegen schlechten Wetters keine Probefahrt unternahm. Unter den Parteien ist streitig, ob der Beklagte dem Kläger erklärte, dass es sich um ein "5N1"-Fahrzeug handele.

Der Beklagte benutzte ein Kaufvertragsformular, das als "B1-Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs" überschrieben ist. Die Sachmängelhaftung ist - mit Ausnahme bestimmter Schadensersatzansprüche - formularmäßig ausgeschlossen. Handschriftlich ist ergänzt: "wie gesehen ... Heckklappe neu". Die Gesamtfahrleistung war mit 156.000 km angegeben. Den Kaufpreis von 9.600 € entrichtete der Kläger am 7. April 2008.

Am 10. April 2008 stellte die X1 dem Beklagten für den Abdruck des Inserats 29,39 € in Rechnung; als Inserent ist der Beklagte namentlich bezeichnet. Die X1 buchte den Rechnungsbetrag vom Konto des Beklagten ab.

Als der Kläger das Fahrzeug im August 2008 aus anderem Anlass in eine Werkstatt gab, teilte man ihm dort mit, dass es nicht mit einem Allradantrieb ausgerüstet sei. Am 28. August 2008 unterrichtete der Kläger davon telefonisch den Beklagten.

Mit Anwaltschreiben vom 8. September 2008 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie dessen Anfechtung. Der Kläger machte geltend, dass es sich nicht um ein "5N2"-Fahrzeug handele.

Der Kläger hat mit der Klage unter anderem behauptet, dass der Beklagte erklärte habe, die Winterreifen, mit denen der Wagen ausgerüstet sei, seien aufgrund des "5-N1"-Antriebs eigentlich nicht nötig.

Der Beklagte hat behauptet, es sei nur darüber gesprochen worden, dass der Wagen mit einem Automatikgetriebe ausgestattet sei. Der Begleiter des Klägers, der Zeuge C, sei als "Pkw-Profi" vorgestellt worden.

Das Landgericht hat die Klage nach Zeugenvernehmung abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Beklagte ausdrücklich von einem "5-N1"- bzw. Allradfahrzeug gesprochen habe. Die Anzeige in der X1 könne auch ohne Zutun des Beklagten veröffentlicht worden sein. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung macht der Kläger unter anderem geltend, die X1 drucke keine aus fremden Internetportalen übernommenen Anzeigen ab; zum Abdruck bed...

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