Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch einer Prozesspartei auf Terminsänderung (§ 227 ZPO).
Normenkette
ZPO §§ 538, 531, 529
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 23.02.2012; Aktenzeichen 18 O 238/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.2.2012 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, welches auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Erfüllung von Rückzahlungsansprüchen des Amtes für Ausbildungsförderung in Anspruch, die gegen sie nach ihren Angaben wegen pflichtwidrigen Nichtbetreibens einer erfolgversprechenden Anfechtungsklage vor dem VG durch den damals von ihr mit der Prozessvertretung beauftragten Beklagten geltend gemacht werden.
Die am 27.11.1985 geborene Klägerin erhält seit Juli 2007 Leistungen nach dem BaföG. Im September 2008 nahm das Amt für Ausbildungsförderung bei der Stadt F (folgend: BaföG-Amt) einen Kontenabgleich nach § 45d ESTG vor. Dabei wurde entdeckt, dass auf den Namen der Klägerin drei Freistellungsaufträge betreffend die Besteuerung von Kapitalerträgen existieren.
Das Bafög-Amt forderte die Klägerin daraufhin am 19.2.09 auf, das gesamte Kapitalvermögen zum Zeitpunkt der Antragstellung (29.6.07 und 11.6.08) darzulegen und zu belegen. In der von der Klägerin unterschriebenen Rückantwort vom 13.3.09 wurde offenbart, dass Kapitalvermögen am 29.8.07 in Form von Wertpapieren und in Form eines (Bauspar-?)Guthabens vorhanden war.
Das Bafög-Amt forderte daraufhin mit Bescheiden vom 29.6.09 (Bl. 12/14 GA) die in den Zeiträumen von August 2007 bis Juli 2008 und von August 2008 bis Juli 2009 geleisteten Zahlungen i.H.v. 6.084 EUR und 6.035,30 EUR von der Klägerin mit der Begründung zurück, es sei auf den Bedarf anrechenbares und diesen deckendes Vermögen vorhanden gewesen, das die Klägerin vorwerfbar nicht offenbarthabe.
Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Der Beklagte erhob am 22.7.09 vor dem VG Gelsenkirchen Anfechtungsklage (Beiakte - 15 K 3121/09) gegen den Oberbürgermeister der Stadt F mit dem Antrag, die Bescheide vom 26.9.09 aufzuheben, da sie rechtswidrig seien.
Mit weiteren Bescheiden vom 27.11.09 (Bl. 24 GA) nahm das BaföG-Amt für den Zeitraum von August 2009 bis Juli 2009 eine Neuberechnung vor und ermittelte hierbei einen von der Klägerin wegen des Vorhandenseins bedarfsdeckenden Vermögens zurückzuerstattenden Leistungsbetrag i.H.v. 6.708 EUR. Zugleich erfolgte eine Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin für den Zeitraum August 2009 bis Juni 2010.
Der Beklagte erweiterte daraufhin die Klage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 13.1.2010 (Bl. 21 GA) und beantragte, den Oberbürgermeister der Stadt F zu verurteilen, an die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 27.11.09 Bafög-Leistungen "in gesetzlicher Höhe" zu erbringen. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Bescheide vom 26.09. und 27.11.09 zu Unrecht unterstellten, dass die Klägerin bei Beantragung von Bafög-Leistungen über Vermögen verfügt habe. Tatsächlich habe sie von den vorhandenen Bankkonten/Depots gar nichts gewusst. Die Gelder hätten ihrer Mutter L gehört, sie seien von dieser auf Konten eingezahlt bzw. gespart worden, die auf den Namen der bei Eröffnung noch minderjährigen Klägerin eingerichtet worden seien. Die Konten/Depots seien von der Mutter im Januar bzw. Juni 2008 aufgelöst worden; die Gelder seien allein der Mutter zugeflossen.
Das VG Gelsenkirchen forderte den Beklagten mit Verfügung vom 16.3.2010 auf, Konto- und Depoteröffnungsnachweise sowie Bestätigungen der Bankinstitute vorzulegen. Dem kam der Beklagte trotz Fristverlängerungen und mehrfacher Erinnerung durch das VG nicht nach. Mit Verfügung vom 11.6.2010 forderte das VG den Beklagten letztmalig auf, das Verfahren weiter zu betreiben; es verwies darauf, dass gem. § 92 Abs. 2 VwGO die Klage als zurückgenommen gälte, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Aufforderung weiter betrieben werde.
Der Beklagte ließ die Frist aus dem ihm am 21.6.2010 zugegangenen Aufforderungsschreiben verstreichen. Daraufhin stellte das VG das Verfahren mit Beschluss vom 24.8.2010 gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ein.
Die Klägerin wurde am 25.1.11 über bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen informiert, die das Bafög-Amt wegen der Rückforderung sie i.H.v. 12.745,85 EUR eingeleitet hatte. Nach Akteneinsicht beauftragte die Klägerin ihre heutigen Anwälte. Bei dem Bafög-Amt wurde eine Stundung der Rückforderung erwirkt. Daneben wurde der Beklagte erfolglos aufgefordert, seine Haftpflichtversicherung zu informieren.
Im Anschluss erhob die Klägerin am 29.7.2011 die vorliegende Regressklage gegen den Beklagten, mit der sie die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der vom Bafög-Amt geltend gemachten Rückforderung erstrebt.
Die Klägerin hat - in erster Instanz unangefochten - geltend gemacht:
Der Beklagte ...