Leitsatz (amtlich)

1. Die auf § 25 Abs. 2 GlüStV gestützte behördliche Untersagung des Betriebs mehrerer Spielhallen in einem Gebäude stellt einen Sachmangel der Mietsache dar, wenn der Betrieb von mehreren Spielhallen als einer von mehreren Zwecken im Mietvertrag bestimmt worden ist (im Anschluss an KG, Urteil vom 14.07.2014 - 8 U 140/13 -, NJOZ 2014, 1688 ff.). Denn die Ursache des behördlichen Verbots liegt in der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts.

2. Ist in dem Mietvertrag das Risiko gewerberechtlicher Genehmigungen auf den Mieter vereinbart, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn damit ist für gewöhnlich nicht die Überwälzung des Risikos der baulichen Beschaffenheit des Mietobjektes für den vereinbarten Vertragszweck vom Vermieter auf den Mieter gewollt.

3. Der Mieter kann sich auf ein Minderungsrecht wegen treuwidrigen Verhaltens nicht berufen (§ 242 BGB), wenn er durch Ausübung einer ihm vertraglich eingeräumten Verlängerungsoption einen auf einer ihm bekannten Gesetzesänderung beruhenden (unbehebbaren) Sachmangel erst herbeiführt. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 536b BGB kommt insoweit aber nicht in Betracht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 05.11.2014 - XII ZR 15/12 -, NJW 2015, 402 ff.).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 307, 313 Abs. 3, 1, § 535 Abs. 1 S. 2, §§ 536, 536b, 812 Abs. 1; GewO § 33i; GlüStV § 25 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 15 O 156/18)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 04.06.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster - 015 O 156/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das vorbezeichnete landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Minderungsansprüche aus einem Gewerbemietvertrag mit der Beklagten zu 1) gegenüber dieser sowie deren Gesellschaftern, den Beklagten zu 2) und zu 3), geltend.

Die Klägerin mietete von der Beklagten zu 1) mit Vertrag vom 27.03.2007 das Gewerbeobjekt Hstr. 11 / Cstr. in D. Die Übergabe fand am 15.04.2007 statt. Der monatliche Mietzins beträgt inklusive Betriebskostenvorauszahlungen 8.482,25 EUR, die Laufzeit des Vertrags war zunächst auf 10 Jahre befristet. Der Klägerin wurde im Vertrag ein Optionsrecht für eine Verlängerung um weitere 5 Jahre eingeräumt. In Teil I Nr. 2.3 des Mietvertrages ("Mietdaten") ist der Mietzweck wie folgt beschrieben:

"Spiel- und Freizeitzentrum gemäß § 33i GewO zum Betrieb von mindestens drei Spielstätten mit insgesamt 34 Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit, die gemeinsam durch eine Aufsichtsperson beaufsichtigt werden dürfen, oder/und Sportwetten oder/und Gastronomiebetrieb. Öffnungszeiten: Von 06:00 Uhr bis 05:00 Uhr (bzw. entsprechend der behördlichen Genehmigung)."

Teil II Nr. 2 des Mietvertrages ("Allgemeine Vertragsbedingungen") enthält unter der Überschrift "Vertragsgegenstand, Mietzweck" die folgende Regelung:

"Der Vertragsgegenstand ist in Teil I dieses Vertrages in Ziffer 2.1.-2.2 festgelegt. Er darf zu dem dort unter Ziffer 2.3 bezeichneten Zweck benutzt werden. Für diesen Zweck erforderliche eigentumsrechtliche Zustimmungen und behördliche Nutzungsgenehmigungen beantragt der Vermieter auf seine Kosten. Für den genannten Zweck erforderliche ordnungsrechtliche und gewerberechtliche Genehmigungen sowie die Erfüllung der darin enthaltenen Auflagen sind ausschließlich Sache des Mieters; entsprechendes gilt für die Erfüllung betriebsbezogener Vorschriften sowie betriebsbedingte Auflagen von Versicherern."

Das Mietobjekt ist ein in drei Teilbereiche aufteilbares einheitliches Gebäude, in dem die Klägerin selbst bis zum 31.10.2015 drei Spielhallen betrieb. Am Tag des Mietvertragsschlusses verkauften und übertrugen die Beklagten zu 2) und 3) außerdem die Baugenehmigung für die drei Spielstätten an die Klägerin. Dabei wurde vereinbart, dass alle Rechte und Pflichten die im Zusammenhang mit der Baugenehmigung stehen, insbesondere die Erfüllung der Auflagen, auf die Klägerin übergehen.

Zum 01.07.2012 trat eine geänderte Fassung des Glücksspielstaatsvertrags (im Folgenden: GlüStV) in Kraft. § 25 Abs. 2 GlüStV schließt eine Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, aus (Verbot der Mehrfachkonzession). Es galt eine Übergangsregelung von fünf Jahren, ferner besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit, Härtefallanträge zu stellen.

Ab dem 01.11.2015 vermietete die Klägerin das Objekt unter Verwendung der Regelungen des Hauptmietvertrags an die E- GmbH (im Weiteren: Untermieterin) unter, welche von diesem Zeitpunkt an drei Spielhallen in dem Mietobjekt betrieb. Unter dem 23.12.2015 erhielt die Untermieterin die behördliche Erlaubnis zum Betrieb dreier Spielhallen in dem Mietobjekt, allerdings befristet bis zum 30.11.2017. Nachfolgend übte die Untermieterin gegenüber der Klägerin das Optionsrecht aus. Mit Schreiben vom 06.10.2016 nahm auch die Klägerin ihr Optionsrecht gegenüber der Beklagten zu 1) wahr.

Mit Bescheid vom 29.01.2018 teilte die Stadt D der...

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