Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage des Rangs der Unterhaltspflichten nach dem Ehegesetz und den §§ 1571, 1573 BGB.
2. Ein zulässiger Berufungsangriff liegt nicht vor, wenn der Unterhaltspflichtige sich erst nach Ablauf der Frist des § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf beruft, dass die Berechtigte keine ehebedingten Nachteile erlitten habe und daher der Unterhaltsanspruch gem. § 1578b BGB zu befristen sei.
Verfahrensgang
AG Dülmen (Entscheidung vom 05.02.2009; Aktenzeichen 6 F 82/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 05. Februar 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dülmen teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Der Vergleich des Amtsgerichts Dülmen vom 16.07.1999 - 6 F 18/99 - wird für die Zeit ab dem 01.01.2009 dahingehend abgeändert, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte folgenden monatlichen nachehelichen Unterhalt zu zahlen:
Januar bis Dezember 2009 444,00 EUR
ab Januar 2010 450,00 EUR
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 4/5 und der Beklagten zu 1/5 auferlegt. Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden dem Kläger ebenfalls zu 4/5 und der Beklagten zu 1/5 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs vom 16.07.1999 für die Zeit ab dem 01.06.2007.
Der am 27.05.1944 geborene Kläger war in erster Ehe mit Frau C verheiratet. Die Ehe wurde am 02.11.1966 geschlossen und durch das Urteil des Landgerichts N vom 30.08.1976 geschieden. Der Kläger schuldete seiner ersten Ehefrau aufgrund des Urteils des Amtsgerichts D vom 24.11.1988 monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.036,53 DM (= 529,97 EUR). Dieses Urteil ist durch den Senat mit Urteil vom 08.12.2010 - 8 UF 103/09 - dahingehend abgeändert worden, dass der Kläger im Jahr 2008 monatlich 443,00 EUR, im Jahr 2009 monatlich 315,00 EUR und ab Januar 2010 monatlich 318,00 EUR Unterhalt zu zahlen hat. In zweiter Ehe war der Kläger seit dem 29.11.1977 mit der am 11.10.1943 geborenen Beklagten verheiratet. Die Parteien trennten sich im Januar 1995. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Dülmen vom 16.07.1999 rechtskräftig geschieden. Die Parteien schlossen im Scheidungstermin einen Vergleich, in dem sich der Kläger neben der Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 55.000 DM zur Zahlung von Unterhalt an die Beklagte in monatlicher Höhe von 1.200 DM (= 613,55 EUR) verpflichtete. Grundlage dafür war ein anrechenbares Einkommen des Klägers in Höhe von monatlich 3.288,00 DM. Die Abänderbarkeit des Vergleichs wurde wechselseitig bei einer Änderung der Einkommensverhältnisse um bis zu 620 DM monatlich ausgeschlossen. Ferner waren sich die Parteien darüber einig, dass bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs Zinseinkünfte außer Betracht bleiben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Vergleichs vom 16.07.1999, Bl. 4 f. d.A., verwiesen.
Der Kläger ist seit dem 01.06.2007 Rentner. Er bezieht neben der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung noch zwei Renten aus privaten Altersvorsorgeversicherungen. Er bewohnt mit seiner Lebensgefährtin, die berufstätig ist und über eigenes Einkommen verfügt, eine Eigentumswohnung in E. Die Beklagte ist seit dem 01.08.2007 ebenfalls Rentnerin.
Durch die angefochtene Entscheidung ist der Unterhaltsvergleich teilweise abgeändert worden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Beklagte habe nach Wegfall des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt einen Anspruch auf Unterhalt wegen Alters. Für die Zeit bis zum 31.12.2007 gehe die erste Ehefrau des Klägers der Beklagten im Range vor. Ab dem 01.01.2008 seien beide geschiedene Ehefrauen gleichrangig. In der Zeit bis zum 31.12.2007 sei von einem Einkommen des Klägers abzüglich des Unterhalts der vorrangigen ersten Ehefrau in Höhe von 1.653,86 EUR auszugehen. Unter Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Beklagten errechne sich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 582,93 EUR. Von Januar bis Dezember 2008 sei unter Berücksichtigung der gleichrangigen ersten Ehefrau von einem Bedarf in Höhe von jeweils 1.015,03 EUR auszugehen. Unter Berücksichtigung der eigenen Einkünfte führe dies zu einem Unterhaltsanspruch der Beklagten in Höhe von 525,32 EUR in der Zeit bis Juni 2008 und in Höhe von 527,03 EUR in der Zeit ab Juli 2008. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten betrage ab Januar 2009 monatlich 450,12 EUR. Der Kläger sei leistungsfähig, da sein Selbstbehalt durch das Zusammenleben mit der Lebensgefährtin auf 900 EUR herabzusetzen sei. Der Unterhaltsanspruch sei im Hinblick auf die lange Ehedauer von 21 Jahren weder zu befristen noch zu begrenzen.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Amtsgericht habe zu Unrecht den Wohnvorteil als Einkommen berücksichtigt. Da ihm nur der Selbstbehalt von 1.000 EUR zur Verfügung stehe, dürfe allenfalls der im Selbstbehalt nach Zif...