Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristsetzung für Ablehnung zukünftiger Tagegeld-Zahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine wirksam gesetzte Frist nach § 12 Abs. 3 VVG wird durch die Überprüfung einer Eingabe des Versicherungsnehmers jedenfalls dann nicht obsolet, wenn der Versicherer - vor Ablauf der Frist - klarstellt dass es bei dem ursprünglichen Schreiben verbleibt.

2. Auch für die Ablehnung der Weiterzahlung von Tagegeldzahlungen nur für die Zukunft kann eine Frist gesetzt werden (Abgrenzung zu BGH r+s 2004, 273).

3. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben in der Regel nicht auf den fehlenden Abschluss einer angebotenen Anwartschaftsversicherung berufen, wenn der Versicherungsnehmer die behauptete Berufsunfähigkeit mit näherer Begründung in Abrede gestellt und deshalb keinen Anlass zu einem solchen Abschluss hatte.

4. Mit der Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit setzt sich die ursprüngliche Versicherung auch ohne besonderen Antrag fort.

 

Normenkette

VVG § 12 Abs. 3; MBKT § 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 03.06.2004; Aktenzeichen 15 O 131/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 3.6.2004 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster teilweise abgeändert und so neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Krankentagegeldversicherung der Parteien Versicherungsschein-Nr. ... unbefristet fortbesteht. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer bei dieser genommenen Krankentagegeldversicherung in Anspruch und begehrt zudem die Feststellung, dass der Vertrag nicht wegen eingetretener Berufsunfähigkeit gem. § 15b MB/KT 94 beendet worden ist.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit 1985 eine Krankenversicherung mit eingeschlossener Krankentagegeldversicherung, in der für den Versicherungsfall die Zahlung eines Krankentagegeldes von 51,13 EUR pro Tag ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit vereinbart ist. Die MB/KT 94 sind Vertragsbestandteil geworden. Die von dem Kläger zu zahlenden Monatsbeiträge beliefen sich zuletzt auf 80,45 EUR, wobei nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers im Senatstermin ein Anteil von 51,13 EUR auf die Krankentagegeldversicherung entfiel.

Der Kläger war von Beruf angestellter Autoverkäufer im Außendienst. Im Jahr 2000 unterzog er sich einer Bypassoperation am Herzen; danach litt er zeitweilig unter Herzrhythmusstörungen. Am 10.6.2002 erlitt er während einer Autofahrt einen Anfall mit Druckgefühlen auf der linken Brustseite, Herzrasen, Atembeklemmungen und Schwindel. Seit diesem Zeitpunkt war er - jedenfalls bis zum 13.8.2003 - arbeitsunfähig erkrankt; u.a. wegen Herzrhythmusstörungen, degenerativem Wirbelsäulensyndrom, Bandscheibenschäden und psychovegetativer Erschöpfung.

Die Beklagte zahlte ab dem 10.6.2002 zunächst das vereinbarte Krankentagegeld, bevor sie den Kläger am 14.5.2003 durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. K. (nach)untersuchen ließ. In dem von Dr. K. am 2.6.2003 erstatteten Gutachten diagnostizierte sie vor allem ein chronifizierendes, mittelschweres depressives Syndrom mit Vitalstörung und Somatisierung sowie eine Panikstörung mit herzneurotischer Prägung; sie stellte beim Kläger 100 %ige Arbeitsunfähigkeit sowie Berufsunfähigkeit fest. Gestützt auf dieses Gutachten teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 6.6.2003 mit, dass er das Krankentagegeld nur noch bis zum 13.8.2003 erhalten werde und die Versicherung gem. § 15b MB/KT 94 zum 31.8.2003 ende; sie bot den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung an und setzte dem Kläger Frist nach § 12 Abs. 3 VVG.

Mit Schreiben vom 3.7.2003 widersprach der Kläger der Einschätzung der Beklagten in Bezug auf die angenommene Berufsunfähigkeit und wies auf ein Gutachten der BfA Bad Kissingen hin, wonach prognostiziert worden war, dass er nach einer Behandlung keine Leistungsdefizite mehr haben werde. Er gab zudem an, dass er beabsichtige, ab dem 1.9.2003 bei seinem Arbeitgeber eine Wiedereingliederungsmaßnahme durchzuführen, und bat um Weiterführung des Vertrages und Fortzahlung des Krankentagegeldes.

Die Beklagte sandte dem Kläger mit Brief vom 5.8.2003 ein Formular für die ärztliche Folgebescheinigung zu und rechnete außerdem mit Schreiben vom 21.8.2003 das Tagegeld für die Zeit vom 29.7.2003-13.8.2003 ab; auf den Inhalt der Schreiben wird Bezug genommen.

Unter dem 9.9.2003 - dem Kläger zugegangen am 11.9.2003 - teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie an ihrer Entscheidung vom 6.6.2003 festhalten werde. Mit seiner am 10.3.2003 anhängig gewordenen Klage begehrte der Kläger Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 13.8.-14.11.2003 (93 Tage × 51,13 EUR = 4.755,09 EUR) und ferner die Feststellung, dass die Krankentagegeldversicherung über den 31.8.2003 hinaus fortbestehe.

Er hat geltend gemacht: Er sei zwar im vorgenannten Zeitraum zu 100 % arb...

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