Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 05.04.2011; Aktenzeichen I-12 O 17/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 5.4.2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 445,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.3.2011 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin vertreibt im Internet Erotikartikel in einem Onlineshop. Der Beklagte hat bis September 2010 ebenfalls Erotikartikel auf einer Internetseite angeboten. Darunter befand sich das Angebot für eine AquaGlide Gleitgel 200ml zum Preis von 8,95 EUR (Bl. 5). Der Grundpreis pro 100 ml für diese Flüssigkeit war im Zusammenhang mit diesem Angebot nicht angegeben.
Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 24.9.2010 (Anlage K 2 Bl. 14) wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung sowie wegen eines Verstoßes wegen einer unzutreffenden Rückgabebelehrung, der im Berufungsverfahren nicht mehr von Bedeutung ist, erfolglos abmahnen.
Nachdem der Rechtsstreit wegen der zunächst verfolgten Unterlassungsanträge übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, hat die Klägerin nur noch ihren Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 911,80 EUR nebst Zinsen weiterverfolgt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Der Beklagte ist im Verhandlungstermin vom 5.4.2011 nicht erschienen. Das LG hat ihn durch Versäumnisteilurteil lediglich zur Zahlung von 465,90 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen durch Schlussurteil abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es gegeneinander aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Abmahnung nur teilweise berechtigt gewesen sei. Soweit es um die fehlende Grundpreisangabe gegangen sei, liege ein Bagatellverstoß vor, weil der Grundpreis durch ein Teilen durch zwei ohne weiteres zu ermitteln und die Preisklarheit daher nur marginal beeinträchtigt gewesen sei. Insoweit hat das LG auf die Entscheidung des Senats vom 10.12.2009 - 4 U 156/09 verwiesen.
Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an, soweit die Klage durch unechtes Versäumnisurteil abgewiesen wurde. Sie verlangt die Zahlung weiterer 465,90 EUR und die Änderung der Kostenentscheidung dahin, dass diese ganz vom Beklagten zu tragen sind. Die Klägerin meint nach wie vor, dass auch in Bezug auf die fehlende Grundpreisangabe ein wesentlicher Wettbewerbsverstoß vorliege. Der Verbraucher könne den Betrag von 8,95 EUR gerade nicht schnell und einfach durch zwei teilen, um den dann ermittelten Betrag mit denselben Produkten anderer Anbieter vergleichen zu können. Der Vorsitzende und die Handelsrichter des LG hätten diese vermeintlich einfache Rechenoperation auf Befragen nicht durchführen können. Bei der vom LG angeführen Senatsentscheidung habe der Sachverhalt anders gelegen, weil damals bei der Angabe von 100ml statt 1l nur der Preis mit 10 multipliziert oder das Komma um eine Stelle verschoben werden musste, um den Grundpreis erkennen zu können.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 445,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.3.2011 zu zahlen, sowie dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Berufung hat nach der teilweisen Klagerücknahme vollen Erfolg, weil der Klägerin ein weiter gehender Kostenerstattungsanspruch i.H.v. 445,90 EUR nebst Zinsen zusteht und der Beklagte als Folge davon die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen muss.
1) Die Berufung ist ungeachtet des Streitwerts von 465,90 EUR zulässig. Die Klägerin ist nämlich nicht nur in dieser Höhe beschwert, sondern zusätzlich auch noch insoweit, als sie die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz, die sich maßgeblich nach einem Streitwert von 25.000,- EUR berechnen, tragen muss. Rechnet man diesen Kostenanteil dazu, so ist die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer von 600,- EUR deutlich überschritten. Es sind in erster Instanz allein Gerichtskosten i.H.v. 933,- EUR entstanden, die die Klägerin nach dem erstinstanzlichen Urteil zur Hälfte tragen müsste.
2) Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der vollen vorgerichtlich entstandenen Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Denn die Abmahnung ist in vollem Umfang berechtigt gewesen, weil der Klägerin als Mitbewerberin des Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 PAngV zustand. Die Bestimmung des § 2 PAngV stellt unzweifelhaft eine Marktverhaltensregelung dar. Sie ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Sie soll insbesondere...