Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderungsklage zum nachehelichen Unterhalt: Berücksichtigung berufsständischer Versorgungsanrechte des Unterhaltsschuldners nach Ausübung des Kapitalwahlrechts zur Finanzierung eines Einfamilienhauses
Leitsatz (redaktionell)
Berücksichtigung eines berufsständischen Versorgungsanrechts bei der Bestimmung des laufenden Unterhalts, wenn der Unterhaltspflichtige von dem satzungsmäßig geregelten Wahlrecht zu einer Kapitalabfindung Gebrauch gemacht hat, um einen kurz zuvor aufgenommenen Kredit abzutragen.
Normenkette
BGB § 1578
Verfahrensgang
AG Menden (Sauerland) (Urteil vom 10.11.2010; Aktenzeichen 5 F 3/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.11.2010 verkündete Urteil des AG - Familiengericht Menden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Urteil des AG ist zutreffend, denn die Abänderungsklage hat jedenfalls keinen weiteren als den vom Familiengericht angenommenen Erfolg.
Das Familiengericht hat zutreffend und unangefochten festgestellt, dass der zur Abänderung anstehende Titel und die Vereinbarung der Parteien wegen der Weitergeltung der zunächst nur den Trennungsunterhalt betreffenden notariellen Vereinbarung zur Grundlage haben, dass sich der zu leistende Unterhalt allein nach den laufenden Bezügen der Parteien bemisst, insbesondere Wohnwerte, Vermögenserträge oder der Stamm des Vermögens unberücksichtigt bleiben sollten.
Der Senat unterstellt, dass die Übertragung der Immobilie (Wohnung über der Praxis) auf die neue Ehefrau im Jahre 1997 keinen Bezug zur Unterhaltspflicht des Klägers ggü. der Beklagten hatte, ihm also insoweit kein Obliegenheitsverstoß angelastet werden kann.
Anders verhält es sich indessen mit den Dispositionen betreffend die Errichtung des Einfamilienhauses im Jahre 2002, die damit verbundenen Kreditaufnahmen und die im Gefolge vom Kläger im Jahre 2004 getroffene Entscheidung, wegen seiner Ansprüche auf Versorgung bei der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe das Kapitalwahlrecht auszuüben, um damit einen wesentlichen Teil der 2002 für die Zeit bis zum Erreichen des Regelrentenalters aufgenommenen Kredite abzulösen. Insoweit können diese Dispositionen im Verhältnis zur Beklagten nicht anerkannt werden.
Dabei wendet der Senat - zugunsten des Klägers - die Maßstäbe an, die der BGH betreffend die Bestimmung dessen, was "eheliche Lebensverhältnisse" i.S.d. § 1578 BGB sind, erstmals im Jahre 2008 entwickelt hat, und zwar in zugunsten des Unterhaltsschuldners erheblicher Abweichung der früher für richtig erachteten Rechtsgrundsätze (XII ZR 14/06 vom 6.2.2008).
Danach gilt:
Spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens sind grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Einkommenssteigerungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie schon aus der Sicht des ehelichen Zusammenlebens absehbar waren, was bei einem sog. Karrieresprung nach der Scheidung in der Regel nicht der Fall ist. Einkommensminderungen bestimmen den Bedarf, soweit sie nicht auf einer vorwerfbaren Verletzung der Obliegenheit zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit bzw. zur Erzielung von Vermögenseinkünften oder geldwerten Vorteilen beruhen.
Der Kläger wusste, dass ihm das Renteneinkommen der Versorgungskammer sicher war. Ungewiss war hingegen, ob sich seine Erwartungen betreffend den Verkauf seiner Praxis und der diese betreffenden Immobilie sowie der seiner Ehefrau gehörenden Eigentumswohnung im Obergeschoss realisieren würden. Insoweit lagen unstreitig keine rechtsverbindlichen Absprachen vor. Der Kläger hatte also nur eine Hoffnung. Unter diesen Umständen hätte sich dem Kläger erschließen müssen, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten erheblich gefährdet sein kann, dann nämlich, wenn sich seine Erwartungen bezüglich der zu erzielenden Erlöse nicht erfüllen sollten. Dem Kläger war bekannt, dass sich die Unterhaltspflicht ggü. der Beklagten allein nach seinen laufenden Bezügen richten sollte. Wohnwerte, Vermögenserträge oder gar die Inanspruchnahme des Vermögensstammes hatten keine unterhaltsrechtliche Relevanz. Dann aber hat sich der Kläger zur Überzeugung des Senats zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen, dass sich seine Hoffnung, Praxis und Immobilien für rund 650.000 EUR verkaufen zu können, zerschlagen könnte. So ist es dann ja auch tatsächlich geschehen. Infolge dessen muss sich der Kläger das Renteneinkommen zurechnen lassen. Entsprechendes gilt, wie von den Parteien hingenommen, auch für die Beklagte.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auch auf Bindungswirkungen wegen des zur Abänderung anstehenden Urteils. Durch dieses ist der jetzigen Beklagten - auf das Anerkenntnis des jetzigen Klägers - weiterer Elementarunterhalt und Krankenvorsorgeunterhalt zuerkannt worden. Schließlich hatte das Familiengericht Altersvorsorgeunterhalt zuerkannt. Bindungen sind insoweit schon deshalb nicht gegeben, weil das Familiengericht in dem angefochtenen...