Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Ehefrau während des Zusammenlebens vollschichtig erwerbstätig und setzt dies auch nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes fort, kann sie sich nach der Trennung i.d.R. nicht darauf berufen, dass ihre Tätigkeit überobligatorisch sei.
2. Eine die Anwendung von § 1579 Ziff. 7 BGB rechtfertigende ehegleiche Lebensgemeinschaft kann nach Ablauf von drei Jahren auch dann angenommen werden, wenn in diese Zeit eine einjährige Phase der Distanzierung mit getrennten Wohnungen (ohne Abbruch der Beziehung) fällt.
3. Zur Berücksichtigung der Kindesbelange im Rahmen der Billigkeitsabwägung gem. § 1579 BGB.
Normenkette
BGB § 1579
Verfahrensgang
AG Bottrop (Aktenzeichen 14 F 411/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6.9.2002 verkündete Urteil des AG – FamG – Bottrop abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wie folgt nachehelichen Unterhalt zu zahlen:
a) für Dezember 2001 restliche 19,60 Euro;
b) für die Zeit von Januar 2002 bis Dezember 2002 monatlich 671,00 Euro;
c) ab Januar 2003 monatlich 320,00 Euro.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/5 und der Beklagte 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt.
Dem liegt Folgendes zu Grunde:
Der Beklagte ist kaufmännischer Angestellter, die Klägerin Kosmetikerin. Sie hat sich während der Ehezeit ab dem 31.8.1996 mit einem Kosmetikstudio selbständig gemacht, das sie zunächst allein und später zusammen mit einer Vollzeitkraft betrieben hat. Am 31.3.1998 hat sie die Tochter N. geboren und bereits 14 Tage danach ihre Berufstätigkeit wieder aufgenommen. Das war möglich, weil die Eltern beider Parteien bereit waren, sich während der beruflichen Abwesenheit der Klägerin um das Kind zu kümmern. Nach der Trennung der Eheleute im Mai 1998 blieb N. bei der Klägerin, die dennoch ihre Berufstätigkeit fortsetzen konnte, weil auch ihre Eltern und Schwiegereltern wie bisher bei der Betreuung mitwirkten.
Die Scheidung erfolgte im Sommer 1999. Hinsichtlich des Unterhalts einigte man sich, dass der Beklagte für N. monatlich 345 DM und für die Klägerin selbst monatlich 1.275 DM zahlte.
Im November 1999 zog der neue Freund der Klägerin, der Zeuge S., der als Fernfahrer tätig war und nur am Wochenende nach Hause kam, in deren Wohnung ein. Im Juni 2000 mietete er wieder eine eigene Wohnung, weil es zu Spannungen in der Beziehung gekommen war. Er hat dann nach der Rückkehr von seinen Fernfahrten zunächst häufiger die eigene Wohnung aufgesucht, die Samstage und Sonntage aber weiterhin bei der Klägerin verbracht. Im Dezember 2000 hat er seine Wohnung für drei Monate einer Freundin der Klägerin überlassen. Im Juli 2001 hat er die Wohnung wieder aufgegeben. Im Oktober 2001 hat er seine Anstellung als Fernfahrer verloren und war ein knappes Jahr arbeitslos. Seit dem 16.7.2002 arbeitet er als Gleisbaufachwerker bei der Firma K.
Im Hinblick auf das Zusammenleben mit Herrn S. hat der Beklagte im November 2001 angekündigt, die Zahlung von Ehegattenunterhalt ab dem 1.1.2002 einzustellen. Die Klägerin hat daraufhin Auskunft über das Einkommen des Beklagten verlangt. In diesem Zusammenhang ist zunächst der Kindesunterhalt geregelt worden. Der Beklagte hat sich durch Errichtung einer Jugendamtsurkunde verpflichtet, 520 DM ./. 150 DM Kindergeldanteil (Einkommensgruppe 7, Altersstufe 1) zu zahlen. Für sich selbst hat die Klägerin dann mit Schreiben vom 3.12.2001 mit sofortiger Wirkung Ehegattenunterhalt i.H.v. monatlich 1.539,80 DM verlangt und unmittelbar danach Klage auf Zahlung dieses Betrages ab Januar 2002 erhoben.
Zugleich hat sie für Dezember 2001 einen Rückstand von 264,80 DM geltend gemacht.
Sie hat die Einkünfte des Beklagten mit monatlich 4.209,80 DM beziffert und wie folgt gerechnet:
durchschnittliches Nettoeinkommen des Beklagten 4.209,80 DM
./. Tabellenunterhalt für N. 520,00 DM
verbleiben 3.689,80 DM
davon 3/7 1.581,34 DM
Im Hinblick auf den Bedarfskontrollbetrag der 7. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hat sie ihren Anspruch auf 1.539,80 DM begrenzt. Die eigenen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat die Klägerin auf durchschnittlich 272 DM pro Monat beziffert (Bl. 62). Sie hat gemeint, weder dieser Betrag noch ein eventuell fiktiv zuzurechnendes Versorgungsentgelt könne für die Bedarfsberechnung eine Rolle spielen, weil ihr angesichts der Versorgung und Erziehung der Tochter ein Betreuungsbonus in gleicher Höhe zustehe.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie für Dezember 2001 restliche 264,80 DM = 135,39 Euro und ab Januar 2002 monatlich 1.539,80 DM = 787,29 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, bei der Berechnung seines Einkommens sei die bisher erzielte Steuererstattung nicht meh...